Die Wintersportart Curling ist nicht nur hochspannend, sondern hat zusätzlich auch eine äußerst interessante Geschichte. In der Queen Viktoria, ein gotteslästerlicher Geistlicher, der Zwang, Whiskey-Punsch zu trinken sowie walisischer Granit vorkamen.

Was Curling ist, ist den meisten klar: “Eisstockschießen” – aber genau das stimmt nicht. Während beim Eisstockschießen ein fünfeinhalb Kilo schweres Holzgerät mit senkrechtem Griff in ein bewegliches Ziel gespielt wird, muß der ungefähr 20 Kilo schwere Curlingstein in ein auf dem Eis eingezeichnetes Haus treffen. Während drumherum das Eis gewischt wird.

1541 fand das erste schriftlich überlieferte Spiel auf einer Eisfläche statt.
Der erst 1976 in der schottischen Paisley-Abtei entdeckte Text kann es an Drögheit durchaus mit der durchschnittlichen Sportberichterstattung der Neuzeit aufnehmen:

“Der ehrwürdige Herr Johannes Sclater, Mönch von Paisley, ging auf das Eis … Von der Ostseite warf er daselbst dreimal den Stein über das Eis und versicherte, er sei zu einem Wettkampf mit den über das Eis zu werfenden Steinen bereit, wie er es am ersten Tag seiner Ankunft versprochen habe … Magister Gawinus Hamilton teilte dem Herrn Johannes Sclater mit, daß er seinerseits bereit sei, am vereinbarten Platz den Wettkampf mit den über das Eis gespielten Steinen anzunehmen, wie er es versprochen habe.”

Was Sclater und Hamilton damals spielten, hieß wohl “Steine übers Eis werfen”, war aber wahrscheinlich eine Frühform des Curling. Dieses Wort wurde allerdings erst 1620 erstmals gebraucht, als in einem Nachruf auf M. James Gall seine sportlichen Vorlieben aufgezählt wurden. 1638 wurde das Curling bei einer Versammlung der Schottischen Kirche in Glasgow dazu benutzt, den besonders gemeinen und gotteslästerlichen Charakter des Bischofs Graham von Orkney zu betonen: “Er curlte am Sabbat auf dem Eis.”

Für die frühe Curling-Begeisterung der Briten macht der Curling-Experte Ulf von Mahlberg auch das Wetter verantwortlich: “Zwischen 1500 und 1700 herrschte auf den britischen Inseln eine derartige Kälte, daß sie von den modernen Klimatologen als ‘kleine Eiszeit’ bezeichnet wird. Die Wassertemperaturen lagen im Durchschnitt gut fünf Grad unter den heutigen Durchschnittswerten.” Als es schließlich wärmer wurde, änderte das nichts an der Vorliebe für den Sport. Bis 1725 gab es schon 13 britische Curling-Clubs, in denen nicht nur auf vorschriftsmäßiges Spiel, sondern auch auf sportliche Manieren geachtet wurde. In der Satzung des Muthill Clubs von 1739 hieß es:

“1. Nur ein Mitglied darf sprechen und nicht mehrere gleichzeitig, 2. Der zu konsumierende Drink muß Whiskey-Punsch sein, um den Anbau von Gerste zu fördern, 3. Keine politischen Diskussionen, egal ob über Kirche oder Staat.”

Den Durchbruch und seine gesellschaftliche Anerkennung erlebte der Sport im Jahr 1843, als Königin Viktorias Ehemann, Prinz Albert, die Schirmherrschaft über den Curling-Verband, den “Caledonian Curling Club” übernahm.
Der Sport wurde international bekannt, erste Curling-Vereine wurden in Rußland und Kanada gegründet, 1890 entstand ein Verein im chinesischen Tientsin. Zunächst wurde noch mit unterschiedlichen Steinen, die durchaus auch aus Eisen sein konnten gespielt, mittlerweile besteht das 19 Kilo schwere Spielgerät grundsätzlich aus walisischem Granit, der jedoch nicht mehr, wie noch vor einem Jahrhundert, von Sträflingen gebrochen wird.
Auch die beim Wischen verwendeten Besen haben kaum noch etwas mit den früher gebräuchlichen Haushaltsbesen zu tun, mittlerweile benutzt man Bürsten aus Roßhaar oder Kunststoff.

Das internationale Sportpublikum hat leider meist nur wenig Sinn für die Sportart: Bei der Olympiade in Nagano im Jahr 1998 war das Curling kein ausgesprochener Publikumsrenner, obwohl der Wettbewerb der Frauen eine historische Veranstaltung wurde: Die Däninnen schafften im Halbfinal-Spiel gegen die Schwedinnen einen 7:5-Sieg und sorgten so für die erste olympische Wintersport-Medaille für Dänemark überhaupt.
Die beste dänische Plazierung war bis dahin ein neunter Platz im Eisschnellaufen im Jahr 1964 gewesen…

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