Einer muss hier endlich mal den roten Teppich für Oliver Kahn ausrollen. Und das scheint mein Job zu sein.

Ja, ich geb’s zu: Ich bin Bayern-Fan seit meiner Kindheit, und ich bin auch Olli-Kahn-Fan. Wer die Bayern (und Olli Kahn) hasst, kann mich entweder mal da, wo ich am schönsten bin, oder das Manuskript eines Vortrags lesen, den ich vor einiger Zeit zum Thema Bayern-Hass halten durfte. So.

Olli-Kahn-Fan bin ich aus ganz verschiedenen Gründen. Erstens sind wir praktisch gleich alt (Olli ist knapp zwei Wochen vor mir aus dem Geburtskanal gezogen worden). Der gute Neunundsechziger-Jahrgang also. Zweitens hat er im Gesicht an den gleichen Stellen Fältchen wie ich. So jemand kann kein ganz schlechter Mensch sein. Und drittens hat er auf dem Platz fast immer genau die Emotionen widergespiegelt, die ich als Fan in diesem Moment auch hatte.

Das heißt: Wenn es schlecht lief oder die Bayern verloren, hat er vor Wut gekocht. Hat sich dann oft mühsam zusammengerissen und ist manchmal ausgerastet. Wenn es gut lief, dominierten Erleichterung und Befriedigung, den Missgünstigen und Hassern kein Futter gegeben zu haben. Und wenn es sehr gut lief oder sogar Titel gab, ist er vor Glück explodiert. Scheißegal gab es bei ihm nicht. Das ist Leidenschaft. Und die ist schon selten genug geworden.

Als Kahn Mitspieler durchgeschüttelt hat oder solchen Knallchargen wie Brdaric an den Hals gegangen ist, konnte ich das aus tiefstem Herzen nachvollziehen. Als die Bayern 2001 den Schalkern in allerletzter Sekunde die Meisterschaft entwunden haben, hat er eine Eckfahne aus dem Boden gerissen, während ich vor dem Radio gesessen und wahllos irgendwelche Gegenstände durch die Gegend geworfen habe. Und dann dieses entrückte Gesicht, als in der letzten Saison der so unverdiente wie unvermutete Ausgleich in Getafe fiel! Meine Fresse! Und das war wörtlich gemeint.

Natürlich ist Oliver Kahn nicht das, was man gemeinhin einen Sympathieträger nennt. Aber auch deshalb mochte ich ihn immer. Es gibt schließlich schon genug von diesen meinungslosen, stromlinienförmigen Fußballpopstars. Es heißt doch immer, die heutigen Profis identifizierten sich im Gegensatz zu den Fans gar nicht mehr mit ihrem Klub. Bei Kahn war das völlig anders. Und dass er polarisiert hat – gut so! „Bis auf die Bayern-Fans wird das ganze Stadion, wird ganz Deutschland gegen uns sein – was Schöneres gibt es doch gar nicht”, sagte er vor dem Bundesligafinale 2000/01. Es folgte das schon erwähnte Tor in der letzten Sekunde. Anschließend gab es dann doch noch etwas Schöneres: die Meisterschale.

Schade, dass er aufgehört hat. Gibt’s bei den Bayern jetzt eigentlich noch einen, der so richtig gehasst wird? Nein? Schade.

Kommentare

2 Kommentare zu “Warum ich Oliver Kahn sehr vermisse! (Oliver-Kahn-Festwoche, part 5)”

  1. probek am 09.04.08 20:20

    Zur letzten Frage: aber sicher. Van Bommel. Hoeneß. Rummenigge. Da bleibt sicherlich noch genug Hass, mach dir mal keine Sorgen.

  2. Alex Feuerherdt am 09.05.08 14:37

    Ich dachte vor allem an Spieler, die noch richtig gehasst werden. Van Bommel? Ja, ein bisschen, aber außerhalb des Platzes ist er eigentlich zu smart, um auf wirkliche Ablehnung zu stoßen. Auch deshalb hatte ich auf die Verpflichtung von Gattuso gehofft.

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