Vorolympische Provokation

von Ute Weinmann

„Wir fühlen uns betrogen.“ Jelena Sobolewa, Läuferin über die 800- und 1500-Meterdistanz, spricht stellvertretend für die sieben russischen Athletinnen, die am Donnerstag vom Leichtathletik-Weltverband IAAF wegen Verdacht auf Manipulation von Dopingproben vorläufig gesperrt wurden. Fünf der Topathletinnen galten bis gestern als olympische Medaillenanwärterinnen, drei davon wollten in Peking antreten um Gold zu holen.

Der Grund für die Suspendierung liegt nach Angaben des IAAF an Unregelmäßigkeiten, die sich bei einem Vergleich von Dopingproben aus dem vergangenen Jahr mit jüngeren Proben ergeben hätten. Die DNA-Analysewerte seien nicht identisch und damit stellt sich die Frage nach deren Herkunft. Die betroffenen Sportlerinnen können zwar ihr Recht auf eine Anhörung innerhalb von vierzehn Tagen geltend machen, aber auf deren Teilnahme an den olympischen Spielen hat dies keinen Einfluss.

Die russischen Sportfunktionäre reagierten auf die Nachricht vom Dopingskandal mit Zurückhaltung. Abstreiten will den Verdacht niemand. Der russische Verbandspräsident Walentin Balachnitschjow weist darauf hin, dass allein durch die Wahl des Zeitpunktes für die Veröffentlichung der Analyseergebnisse ein Skandal vorprogrammiert war. Hätte der IAAF seine Vorwürfe früher formuliert, bliebe außerdem genügend Zeit zur Klärung des Falls.

Die russische Sportzeitung Sport-Express geht in ihren Annahmen wesentlich weiter. Wer die Dopingproben vertauscht habe, spiele letztlich keine Rolle, heißt es in der heutigen Ausgabe. Entscheidend sei ein anderer Punkt, nämlich der Umstand, dass der IAAF eine westliche Firma mit der Dopingkontrolle beauftragt hat. Diese stecke für ihre Dienstleistungen kolossale Summen ein und es handele sich bei ihr ganz offensichtlich um Betrüger. Beweise bleibt die Autorin des Artikels allerdings schuldig. Ihre Behauptungen stützen sich lediglich darauf, dass nach ihrer Kenntnis die Analyseergebnisse spätestens Mitte Juni vorlagen und der IAAF den russischen Verbandspräsidenten gebeten habe, von Pressekontakten abzusehen bis zur Vorlage einer offiziellen Erklärung seitens des Weltverbandes.

Jelena Sobolewa sieht in den Anschuldigungen gegen sie und ihre Mitstreiterinnen eine eindeutige Provokation. Man versuche gezielt potenzielle Medaillengewinnerinnen auszuschalten. „Warum nimmt niemand auf eine Großmacht wie Russland Rücksicht?“, zitiert sie die Zeitung Sowetskij Sport.

Kommentare

1 Kommentar zu “Vorolympische Provokation”

  1. Andre am 08.01.08 21:04

    Jetzt fehlt eigentlich nur noch dass Med… Verzeihung, Putin mit einem politischen Schachzug die IAAF aushebelt…

blogoscoop