Belege für seine abstruse Verschwörungstheorie hat er nicht, das hielt Professor Arnd Krüger, Direktor des sportwissenschaftlichen Institutes der Universität Göttingen, jedoch nicht davon ab, vor mehr als 14 Tagen bei einer Historikertagung einen skandalösen Vortrag zu halten.
Ohne jeglichen Beweis erklärte Krüger, die israelischen Sportler, die während des Überfalls palästinensischer Terroristen während der Olympischen Speiele München 1972 starben, seien freiwillig in den Tod gegangen, um sich für Israel zu opfern.

Anderen Teilnehmern zufolge garnierte Krüger seinen Vortrag mit nicht zu Sache gehörenden Bemerkungen über die angebliche Haltung der heutigen israelischen Gesellschaft zu Fragen wie Abtreibung, blieb allerdings jeglichen Beweis für seine Konspirations-Theorien schuldig.
Die vom Deutschlandfunk interviewten Anwesenden äußerten sich entsprechend entsetzt über Krügers Vortrag. Übereinstimmend wurde er als „Unsinn“, für den „er (Krüger) keine Belege vorbringen konnte“, bezeichnet.
Professor Lorenz Pfeifer von der Universität Hannover sprach im Interview mit von „konstruierten Zusammenhängen“, Professor Norbert Gissel (Universität Gießen) nannte den Vortrag „einen Skandal“, da Krügers Thesen „mit Wissenschaft nichts zu tun“ haben, sondern „einfach eine antijüdische Räubergeschichte“ beziehungsweise „Verschwörungstheorie“ seien. „Letzlich ist das eine Verhöhnung der Opfer“, so Gissel.

Die Hilflosigkeit und die Überraschung, mit der die Universität und die eine Untersuchung des Vorfalls ankündigende Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (DVS) nun auf den Skandal-Vortrag reagierten, ist erstaunlich.
Denn zumindest Göttinger Universitätsangehörige hätten wissen können, wie Krüger tickt: In der neuen Ausgabe des in einer Auflage von 12.500 Exemplaren kostenlos auf dem Campus verteilten Hochschulsportmagazins schrieb Krüger einen Artikel über das Münchner Attentat, wie der Deutschlandfunk herausfand.
Seine kruden Theorien versucht er dort mit einem höchst lächerlichen Beweis zu stützen: Einer der letzten israelischen Sportler, denen über den Balkon des Appartements die Flucht vor den palästinensischen Terroristen gelang, war der Geher Shaul Ladany. Dieser Mann trug aufgrund einer Sehschwäche eine sehr starke Brille, und Krüger meint in seinem Artikel dazu: „Und wenn jemand wie er flüchten konnte, hätte jeder andere auch flüchten können. Aber die anderen wollten nicht, Sie hatten sich freiwillig gemeldet und wussten, dass die Palästinenser kommen würden.“

Professor Arnd Krüger bekräftigte seine kruden Thesen nach dem Vorfall laut spiegel.de in einer schriftlichen Stellungnahme an die Universität – selbstverständlich verbunden mit der Versicherung, er sei kein Antisemit.

Auf eine Interviewanfrage von Sportswire reagierte Krüger bislang nicht.

In einschlägigen Nazi-Foren wird Arndt Krüger übrigens bereits als Held gefeiert.

Kommentare

3 Kommentare zu “Sportwissenschaftlicher Skandalvortrag”

  1. Elke Wittich am 06.29.08 20:13

    Eine sehr treffende Bewertung des Skandals findet sich im Lindwurm-Blog, hier ein Auszug:
    “Weil die Israelis also, folgt man der “Argumentation” des geistigen Grabschänders Krüger, ein “anderes Körperempfinden” haben, keine Behinderten mögen und viel abtreiben, bringt sie das quasi automatisch dazu, sich abschlachten zu lassen, um der PLO eins auszuwischen? Ich bin wohl dem Intellekt dieses großen Denkers nicht gewachsen, denn ich kann da keine Zusammenhänge erkennen. Waren es nicht die Nazis, die von ihren Untertanen verlangten, sich für den Führer zu opfern?”
    Den ganzen Text gibt es hier

  2. Boris Mayer am 06.29.08 21:45

    Alex, Elke und Martin wurden zu dem Thema auch von der Jerusalem Post interviewt. Den Artikel dazu findet ihr hier.

  3. DVS Präsidiumsbeschluss im Fall Arnd Krüger : SportsWire am 09.10.08 01:02

    […] berichtete mehrmals über den Skandal-Vortrag von Professor Krüger, nachzulesen hier, da und dort. Im Folgenden dokumentieren wir nun den kompletten Pressetext zur gerade getroffenen […]

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