Wieviel Sport erlaubt eine Gesellschaft? Und wem erlaubt sie welche Sportarten?
Während die Repressionen in islamistischen Ländern bekannt sind, wird über Einschränkungen in westlichen Ländern kaum je gesprochen. Dabei dürfen dort Frauen auch noch nicht längst jede Sportart professionell ausüben.

Bestimmte Sportarten wurden und werden Frauen bis heute vorenthalten:
Das Schwimmen über 1500 Meter Kraul gehört erst seit 2001 zum WM-Programm und bis heute nicht zum olympischen Programm der Frauen.
In der Leichtathletik mussten Frauen bis in die jüngste Zeit darum kämpfen, endlich beim Stabhochsprung oder dem Hammerwurf mittun zu dürfen. Von der Skischanze springen Frauen legal erst seit wenigen Jahren, ähnliches gilt für Bobfahrererinnen oder Boxerinnen. Von den ungleichen Bedingungen bezüglich Förderung, Finanzierung und öffentlichem Ansehen, dem Frauen und Mädchen, die solche Sportarten ausüben, ausgesetzt sind, mal ganz abgesehen.

Diese hiesigen Zustände geraten schnell aus dem Blickfeld, wenn man über die viel schlimmeren Verbote von Frauensport in anderen, oft islamisch geprägten Ländern spricht.
Im Iran dürfen Frauen bis zum heutigen Tag nicht in Fußballstadien gehen, um sich dort ein Männerspiel anzuschauen. Sportarten, in denen Iranerinnen bei Olympischen Spielen antreten dürfen, sind solche, bei denen sie verschleiert antreten können: Schach, Schießen, Reiten, Kajak. Andere Sportarten finden für Frauen im Iran auch statt, aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Als die algerische Läuferin Hassiba Boulmerka 1991 Weltmeisterin und 1992 Olympiasiegerin wurde, mischte sich zum Stolz über die erste algerische Olympiasiegerin der Hass islamistischer Kräfte, dass Boulmerka zu freizügig angezogen sei: Sie musste, um weiter Sporterfolge zu erreichen, mit denen Algerien sich schmücken konnte, nach London umziehen, weil sie in ihrer Heimat nicht unangefeindet ihre Trainingsläufe absolvieren konnte.
In Afghanistan hatten die Taliban während ihrer Herrschaft, die etwa von 1996 bis 2001 andauerte, nicht nur den Frauensport, sondern beinah jeden Sport, auch den der Männer, verboten.
Darunter auch den Fußball, den beliebtesten Sport in der Gesellschaft.
Dass es Verbotsbemühungen gegen den Fußball im 18., 19. und dem frühen 20. Jahrhundert auch in Europa gab, sollte nicht beruhigen, hört man von dem Terror, mit dem die Taliban das Verbot durchsetzten. Der Fußballexperte Holger Obermann berichtete in dem Fußballmagazin „Rund“ von einem Beispiel: „Im Bezirk Parwan, 60 Kilometer nördlich von Kabul, spielten etwa dreißig Kinder ein Straßenfußballturnier aus. Die Taliban sind mit Hubschraubern gekommen, haben auf sie geschossen und einige der Kinder getötet.“
Was mit diesen Beispielen gezeigt werden soll, ist dies: Dass Sport getrieben werden darf, gehört zum Katalog der zu erkämpfenden Rechte, ähnlich wie die Meinungsfreiheit, das Streikrecht, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, ja, das Recht auf Leben.
Und es soll gezeigt werden, dass die Entscheidung, wie, wo und in welchem Umfang Sport getrieben wird, nie nur beim sportwilligen Individuum liegt, sondern immer abhängig davon, wie viel Sport eine Gesellschaft erlaubt.

Zum 1.Teil der Reihe geht es hier
Teil 3 erscheint morgen

Kommentare

1 Kommentar zu “Sport und Menschenrechte, Teil 2: Verbote. Überall.”

  1. Sauzwerg am 08.08.08 11:12

    einen wirklichen Schauer treibt es einem dabei über den Rücken, wenn man sich die Verwendung von Sportstadien als Internierungslager und Hinrichtungsstätten vergegenwärtigt

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