Oct
2
Wie das Training bei den Fußball-Profis aussieht, weiß jeder. Und auch die Sorgen und Nöte ihrer Trainer kennt man zur Genüge.
Wenn´s bei den Profis dann mal nicht klappt, wird häufig darauf verwiesen, dass die Ursachen dafür schon bei der Ausbildung der ganz Kleinen zu suchen sind.
Warum das Quatsch ist, erklärt F-Jugend-Trainer Andre Lehmann (ATS Hof/West) – übrigens gelegentlicher SportsWire-Autor – nun im Interview, und auch, wie so einer F-Jugend das Kicken beigebracht wird, und was das Kids-Trainer-Leben so ausmacht.
Du bist seit acht Jahren Trainer der F -Jugend des Vereins ATS Hof/West 07 – wie kam es dazu, dass Du Coach wurdest?
Ich saß damals mit einigen Bekannten abends im Restaurant beim Essen. Einer dieser Bekannten war damals (und ist auch heute noch) Trainer. Da er, nachdem sein bisheriger Partner aufgehört hatte, alleine mit seiner Mannschaft dastand, hat er einfach gefragt, ob ich nicht Lust hätte. Und schwupps, wars auch schon passiert, zwei Tage später stand ich plötzlich als Trainer auf dem Fußballplatz.
Wie viele Kinder trainieren regelmäßig bei Euch?
Im Moment liegen wir bei etwas über 20 Jungs.
Ganz genau lässt sich das nur äusserst schwer sagen, da immer mal einer dazu kommt, dann wieder einer keine Lust mehr hat und nicht mehr auftaucht. Tendenziell ist es aber so, dass uns die WM 2006 einen gewaltigen Schub diesbezüglich gebracht hat.
In den Jahren zuvor waren es immer etwa 15, während es in den letzten Jahren regelmäßig 20-25 Jungs sind, die regelmäßig mittrainieren und auch in den Spielen zum Einsatz kommen.
Wie häufig trainieren die Kinder, gibt es am Wochenende regelmäßig Spiele?
Zum Training treffen wir uns zweimal wöchentlich jeweils eineinhalb Stunden. Wobei aber hier in dieser Altersklasse noch weitestgehend der Spaß im Vordergrund steht und nicht leistungsorientiert trainert wird.
Aber gespielt wird schon regelmäßig jedes Wochenende, es gibt zwar noch keine Auf- oder Absteiger, allerdings wird in ‘echten’ Ligen mit ‘echten’ Tabellen gespielt.
Im Winter gibts dann diverse Hallenturniere, wo sich die Vereine untereinander einladen und sogar eine Kreismeisterschaft, an der alle Vereine im Fußballkreis teilnehmen.
Worauf legst Du beim Training den größten Wert?
An allererster Stelle soll bei den Jungs der Spaß stehen. In der heutigen Zeit ist es ja schon viel Wert, wenn Kinder sich freiwillig sportlich betätigen, da sollen sie dann auch Spaß dran haben.
Und natürlich geht das Ganze nicht ohne etwas Disziplin ab, ständiges Zuspätkommen beispielsweise wird nicht gerne gesehen.
Darauf folgt noch etwas Techniktraining, wie saubere Ballannahme oder sauberes Passspiel. Und im weiteren Verlauf einer Saison versuchen wir dann sogar etwas Ähnliches wie Spielzüge einzuüben. 😉
Ist es im Rahmen des normalen Trainings möglich, einzelne Kinder gezielt zu fördern?
Das Fördern Einzelner ist meistens nur beingt machbar. Ein Ziel beim Training ist ja, den Kids möglichst wenig Leerlauf durch Anstehen oder allgemein Warten zuzumuten.
Wenn sich dann einer der beiden Trainer gezielt um einen oder zwei Spieler kümmert, müssen logischerweise die anderen darunter leiden. Es gibt aber die Möglichkeit, im Rahmen von Sondereinheiten beispielsweise Torhütern gezielte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Sieht man in dem Alter eigentlich schon, ob ein Kind das Zeug zum Profi haben würde?
Also einen Unterschied zwischen denen, die Fußball verstehen und denen, die nur gegen den Ball treten, sieht man schon, allerdings ist der Weg zum Profifußballer sehr hart.
Ab einem gewissen Alter müssen sich die Fußballjungs eben entscheiden, ob sie 100%ig für den Fußball leben wollen oder ob sie doch lieber etwas relaxter an die Sache ran gehen, mal mit Mädels ausgehen und sich in der Kneipe auch mal einen genehmigen.
Sieht man bei den Kleinen denn schnell Fortschritte?
Vermutlich wäre es einfacher, Fortschritte zu erkennen, wenn man nur alle drei Monate mal zuschauen würde, aber da ich die Jungs jede Woche sehe fällt es mir zumindest relativ schwer, die Fortschritte auch als solche zu erkennen.
Dennoch muss man objektiv gesehen schon zugeben, dass sich beim Einen oder Anderen doch was tut. 😉
Und dann gibt es auch immer wieder die Fälle von den Spielern, die am einen Tag noch auf der Wiese stehen und Blumen pflücken oder Schmetterlinge jagen und sich am nächsten Tag plötzlich als ausgesprochene Torjäger entpuppen.
Lehrer klagen immer wieder darüber, dass Kinder sich nicht mehr konzentrieren können und immer aggressiver werden. Ist das im Verein ähnlich?
Ich persönlich kann in den vergangenen acht Jahren eigentlich keinen wirklichen Unterschied feststellen. Damals wie heute gibt es Kinder, die eher mal rumschubsen als andere. Aber wie gesagt, das ist heute so und war vor acht Jahren nicht anders.
Ähnlich sieht es bei der Konzentration aus. Die meisten waren und sind konzentriert, wobei es aber auch vor acht Jahren schon Kinder gab, die sich lieber den Schnecken auf dem Platz als dem Ball widmeten.
Sportvereine stellen gern ihren Anteil an der Integration ausländischer Mitbürger heraus – spielen bei Euch Kinder mit Migrationshintergrund? Ist das bei Kids überhaupt ein Thema?
Ich denke, heutzutage spielen in fast allen Vereinen Kinder mit Migrationshintergrund, so ist das auch bei uns in der Mannschaft. Für die Kids ist das aber glücklicherweise überhaupt kein Thema, da ist es völlig egal ob einer nun deutsche, türkische, griechische oder libanesische Vorfahren hat.
Was für Angebote macht Ihr, abgesehen vom Training? Gibt es gemeinsame Aktivitäten?
Wir fahren mindestens einmal im Jahr (wenns klappt auch zweimal) übers Wochenende in ein ‘Trainingslager’, wobei hier Trainingslager eher mit Spiel, Spaß, Lagerfeuer und Ähnlichem übersetzt werden muss. Allzu weit können wir uns natürlich nicht von Zuhause entfernen, denn ab und an ist in diesem Alter doch noch das Heimweh zu spüren, aber dennoch zeichnen sich diese Wochenenden immer durch sehr viel Spaß und umso weniger Schlaf aus.
Dazu kommen dann auch ab und an mal Ausflüge, beispielsweise ins Hallen- oder Freibad, aber auch etwas eher Lehrreiches, wie eine Waldbegehung oder eine Besichtigung einer Trinkwasseraufbereitungsanlage, was wir in diesem Sommer unternommen haben.
Daneben gibts jedes Jahr noch ein bis zwei Feste, bei der sich die komplette Jugendabteilung über alle Altersklassen hinweg zum Grillen und Feiern trifft.
Dazu wird, falls sich die Möglichkeit bietet, auch mal ein Bundesliga- oder Zweitligaspiel besucht, was den Kids (und natürlich den Eltern) immer sehr viel Spaß macht.
Ist Euer Etat ausreichend oder hättest Du gern mehr Mittel für Geräte, Fahrten usw? Konkret:Was würdest Du gern für Eure Mannschaft anschaffen?
Geld ist eigentlich nie genug vorhanden.
Generell ist zu sagen, dass der Etat nicht mannschaftsbezogen ist, sondern der kompletten Jugendabteilung zur Verfügung steht, weil ja die meisten Trainingsutensilien wie Tore, Hütchen, Stangen etc. von allen Mannschaften benutzt werden.
Glücklicherweise helfen uns auch immer mal wieder Sponsoren, die einen Satz Trikots zur Verfügung stellen, denn wenn man bedenkt, dass ein kompletter Trikotsatz bereits in der F-Jugend in der günstigen Variante bei etwa 300 Euro beginnt, lässt sich leicht nachvollziehen, dass das für einen kleinen Verein nicht zu stemmen wäre.
Konkret würde ich gerne einen Satz Langarmtrikots für die MAnnschaft anschaffen. Da wir derzeit mit zwei Mannschaften bei den F-Junioren spielen, aber nur einen Satz Trikots mit langen Ärmeln haben, muss immer eine Mannschaft in den sauren Apfel beissen und auch in der kalten Jahreszeit mit kurzen Ärmeln auflaufen.
Sollte also irgendjemand, der das hier liest, Interesse haben, uns einen langärmeligen Trikotsatz zu sponsorn, kann er sich gerne mit mir bzw. Sportswire in Verbindung setzen, wir sind für jede Hilfe dankbar.
Nach großen Niederlagen der Nationalmannschaft wird häufig lamentiert, dass die Gründe schon in der F-Jugend liegen, weil dort so viel falsch gemacht werde. Was denkst Du in solchen Momenten?
Der erste Gedanke in diesen Fällen ist meistens sowas wie “Was soll der Mist”. Allerdings nicht, weil ich mich in meiner Ehre als F-Jugend-Trainer angegriffen fühle, sondern weil ich einfach die Auffassung vertrete, dass in dieser Altersklasse das Spielen erstmal Spaß machen sollte.
Wer aber wirklich auch in dieser Altersklasse bereits leistungsorientiert traineren will, auch für den gibt es bereits Strukturen sowohl von privater Seite als auch vom Verband, um die besten Talente zentral zusammenzuziehen und zu fördern. An diesen Stützpunkten arbeiten dann bereits vom Verband bezahlte Trainer, die auch Ahnung vom Fach haben.
Insofern kann ich diese Kommentare in keinster Weise nachvollziehen.
Es ist viel von der Krise des Ehrenamts die Rede – Du bist nun nicht nur Trainer, sondern auch noch Gamemaster in einem Onlinespiel.Warum bist Du unentgeltlich so aktiv und was bringt Dir dieses Engagement? Wie lange möchtest Du zB noch Trainer sein, und unter welchen Voraussetzungen kannst Du Dir das Amt leisten?
Ohne Ehrenamt wäre vieles in unserem Land nicht mehr machbar. Wenn man einen Verein sieht, in dem etwa 15-20 Trainer tätig sind, die alle vom Verein bezahlt werden müssten, kann man sich wohl sehr gut vorstellen, dass aufgrund der unglaublich hohen Mitgliedsbeiträge der Verein ziemlich schnell ohne Mitglieder dastehen würde.
Als Ausweg bleibt eben nur das Ehrenamt. Aber solange die Tätigkeit Spaß macht und man auch motiviert an die Sache herangeht, lässt sich auch darüber hinwegsehen, dass man durchschnittlich 7-8 Stunden pro Woche für lau auf dem Platz steht.
Aber so langsam merkt man auch gewisse Verschleißerscheinungen vor allem in zeitlicher Hinsicht, so dass ich mich inzwischen auf eine Sache konzentriert habe, diese dafür aber gründlich wahrnehmen kann.
Stichwort Weiterbildung: Gibt es Angebote vom Verband? Liest Du Fachzeitschriften?
Wenn der kicker als Fachzeitschrift zählt, dann ja. 😉
Aber ernsthaft. Zum einen gibt es natürlich die Aus- und Weiterbildung zum Lizenztrainer. Dort wird in Lehrgängen enorm viel Wissen vermittelt, allerdings sind diese Lehrgänge zum Einen mit gewissen Zulassungsvoraussetzungen, wie einer praktischen Fußballprüfung verbunden und zum Anderen auch nicht wirklich billig.
Allerdings gibt es seitens des DFB auch kostengünstige und teilweise sogar kostenlose Weiterbildungsmaßnahmen für Fußballtrainer. So wird zu diesen Veranstaltungen von den hauptamtlichen Stützpunkttrainern meist eine Trainingseinheit theoretisch und praktisch vorgestellt.
Was fehlt? In welchen Bereichen würdest Du gern mehr Wissen vermittelt bekommen?
Hmm…, schwierige Frage. Wenn man sich etwas informiert, bekommt man sehr viele Möglichkeiten, Wissen anzusammeln.
So gibt es beispielsweise auf der Seite des DFB eine Datenbank mit kompletten Trainingseinheiten für verschiedene Altersklassen. So bleibt zumindest in Sachen Trainingslehre kaum ein Wunsch offen.
Was ich mir an manchen Stellen etwas mehr wünschen würde, wäre eine rechtliche und oder versicherungsrechtliche Einweisung. So sehr man auch aufpasst, es kann doch immer passieren, dass ein Spieler während des Trainings oder sogar im Spiel verletzt wird. Dann wäre es sicherlich sehr hilfreich zu wissen, welche Verantwortung man selbst trägt, und wie diese ganze Situation versicherungsrechtlich abgewickelt wird.
Und wenn wir gerade bei Verletzungen sind. Ich würde mir auch Angebote seitens des Verbandes wünschen, wie man als Trainer mit Verletzungen umzugehen hat. Was muss ich zum Beispiel bei einer Prellung tun? Wärmende Salbe oder doch einen Kühlpack?
Wäre Eure Arbeit ohne die Unterstützung durch Eltern möglich?
Nein, definitiv nicht. Das fängt ja bereits mit so banalen Dingen an, wie die Kinder dreimal wöchentlich zu Training und Spiel zu fahren. Dazu kommt die Unterstützung durch die Eltern beim Spiel – jedes Kind freut sich, wenn es vor ein paar Zuschauern spielen kann und nicht nur die beiden Trainer an der Seitenlinie stehen.
Des Weiteren kommen auch immer mal wieder kleine Aufmerksamkeiten der Eltern, von einer Naschbox für die Mannschaft bis hin zum kompletten Grillabend fürs Team.
Sind ehrgeizige Eltern ein Problem?
Zum Glück nicht immer, aber Eltern können durchaus zum Problem werden. Naturgemäß spielt das eigene Kind in den Augen der Eltern in vielen Fällen immer am besten und ist allen anderen um Welten voraus.
Wenn dies der Trainer, der versucht möglichst objektiv zu bleiben, aber dummerweise anders sieht, kann das schon mal zu Meinungsverschiedenheiten führen. Im schlimmsten Fall färbt dann diese Meinung der Eltern auch noch auf das Kind ab, was dann leider meistens dazu führt, dass sich die Wege von Verein und Spieler trennen.
Meist passiert das allerdings seitens der Eltern, die der Meinung sind, das wahre Talent ihres Kindes käme in anderen Vereinen besser zur Geltung.
Hast Du schon einmal erlebt, dass Kinder aufgrund schlechter Leistungen von den Eltern angebrüllt oder sogar geschlagen wurde?
Ja, ab und an kommt es vor, dass Eltern mal etwas lauter ihren Kindern gegenüber werden, aber zum Glück ist dies eher selten und dann besinnen sich die Eltern in vielen Fällen auch kurz darauf eines Besseren und halten sich zurück.
Dass ein Kind wegen des Fußballs von den Eltern geschlagen wurde, habe ich aber persönlich zum Glück noch nicht erlebt.
Was würdest Du in so einem Fall tun?
Wenn ein Elternteil sein Kind anschreit, versuche ich eigentlich kurz Kontakt aufzunehmen und erstmal den Elternteil zu beruhigen und dann das Kind wieder etwas aufzumuntern.
Sollte aber ein Kind geschlagen werden, würde das entsprechenden Elternteil seitens der Vorstandschaft wohl mit Hausverbot belegt werden.
Was macht den meisten Spaß? Was am wenigsten?
Spaß macht eigentlich das Meiste. Insbesondere das Training mit den Jungs macht eigentlich immer Spaß, dort kann man auch ab und an mal ein kleines Späßchen einbauen.
Frust schiebe ich eigentlich immer nur, wenns wieder darum geht, einen Schiedsrichter fürs Spiel zu organisieren. In unserer Altersklasse werden noch keine Schiedsrichter vom Verband gestellt, so dass wir Trainer uns um unsere Schiedsrichter selbst kümmern müssen.
Und leider ist es hierbei so, dass viele mit teils fadenscheinigen Ausreden irgendwie versuchen, um einen Schiedsrichtereinsatz herum zu kommen.
Dein größter Erfolg als Trainer? Dein größter Misserfolg?
Über Erfolg und Mißerfolg zu reden ist als Juniorentrainer eigentlich nicht möglich. Zum Einen ändert sich die Mannschaft Jahr für Jahr, wenn ältere Spieler an die nächste Altersklasse abgegeben werden und jüngere Spieler ‘von unten’ aufrücken und zum Anderen soll der Spaß im Vordergrund stehen (jaja, das hab ich vorhin schon mal irgendwo angeschnitten 😉 )