Rote Sterne leuchten hell

von Christian Kohn

Pünktlich zum zehnjährigen Vereinsjubiläum schickt sich der Rote Stern Leipzig an, die erfolgreichste Saison seit Gründung des Vereins 1999 vorzulegen: Die erste Herrenmannschaft steigt trotz Sechs-Punkte-Abzug wegen Nichterfüllung des Schiedsrichtersolls als Meister der Stadtliga in die Bezirksklasse auf und erreichte gestern das Stadtpokalfinale, das man erst letzte Saison gegen die zweite Vertretung von Lok Leipzig gewinnen konnte. Doch das war noch nicht alles.

Das Frauenteam glänzte in Pokal und Liga und hat sich ebenso für das Stadtpokalfinale qualifiziert. Die zweite Herrenmannschaft konnte als Aufsteiger die Klasse halten, die Dritte in ihrer ersten Runde mit einem Mittelfeldplatz von sich reden machen. Und als Sahnehäubchen konnte die F-Jugend als erstes Jugendteam des Roten Stern aufsteigen. Und das, obwohl so etwas wie Leistungssport, Konkurrenzdenken oder gar purer Fußballeskapismus im Sportpark Dölitz, dem Zuhause der Sterne, nur in weniger ausgeprägten Zügen vorhanden ist.

Was 1999 also mit der Gründung eines eigenen Vereins in Connewitz begann, der sich explizit links verortete und sich auf das Vereinswappen geschrieben hatte, gegen Rassimus, Antisemitismus, Sexismus und Homophobie – nicht nur im Fußball – vorzugehen, scheint nur zehn Jahre später Früchte zu tragen. In unzähligen Aktionen und Spielen stellte der Rote Stern klar, dass es dem Verein und seinen Protagonisten um mehr, als nur die schönste Nebensache der Welt geht. Am 1. Mai diesen Jahres organisierte der „Red Star Supporters Club“ die revolutionäre 1. Mai-Demo in Leipzig mit, man unterstützte nur eine Woche später die Demonstration der „Leipziger Antifagruppe“ (LeA) zum Tag der Befreiung vom Nazi-Faschismus.

Sicherlich: Kompromisse müssen eingegangen werden. Nicht alles ist gold, was glänzt. Manchmal können schmerzliche Widersprüche auf den Plan treten – die es innerhalb des Spielbetriebs und dem gesellschaftlich Bestehenden dennoch auszuhalten gilt. Der Club will eine Plattform sein, auch beim Fußball nicht auf entsprechende politische Mindeststandards zu verzichten, sieht sich als offenes Sammelbecken für alternative Menschen, die keine Lust auf den alltäglichen Fußball mit all seinen negativen Auswirkungen haben. Das mag nicht immer funktionieren – was den Roten Stern dabei aber auszeichnet, ist die hohe Reflexionsebene, die sich in einer Art basisdemokratischer Vorgehensweise äußert und die dazu beiträgt, dass man sich – in Verbindung mit der inhaltlichen Positionierung – doch schlussendlich von anderen Vereinen abgrenzt.

Genau das könnte nächste Saison dem Roten Stern die Probleme bereiten, mit denen man sich bislang innerhalb der Leipziger Stadtgrenzen überraschenderweise wenig herumschlagen musste. Die Konfrontation mit Nazis, die bekanntlich im Leipziger Umkreis einige Verstrickungen in die Fußball-Fanszene aufweisen, könnte sich bei Auswärtsspielen in der Bezirksklasse negativ auswirken. Die Spiele auf dem Land, im Muldentalkreis beispielsweise, oder im Falle des Abstiegs von Frisch Auf sogar vielleicht in Wurzen, halten zumindest im Vorfeld Konfliktpotential bereit: die Naziszene dort hat den Ruf, alles andere als zimperlich zu sein.

Es bleibt also spannend, wie sich der Rote Stern in der neuen Liga zurechtfindet – fußballerisch, als auch politisch. Zunächst steht aber positive Spannung auf dem Plan: am 20. Juni bestreiten das Frauenteam und das Erste Herrenteam das Stadtpokalfinale. Ob nach einem Doppelsieg wieder mindestens 100 Fans den Erfolg im alternativen Stadtteil Connewitz lauthals und ausgelassen feiern werden, wie es letzte Woche nach dem Bezirksklasse-Aufstieg der Ersten Mannschaft der Fall war, darf bezweifelt werden. Es könnten dann wohl ein paar 100 Feiernde mehr sein.

Kommentare

1 Kommentar zu “Rote Sterne leuchten hell”

  1. RSL fan am 06.08.09 01:55

    feine sache !

blogoscoop