Er kommt aus Buffalo, lebt in Brooklyn, und sein Herz schlägt für den FC St. Pauli: Der HipHop-Künstler Rabbi Darkside hat für die CD „St. Pauli 100“ zusammen mit der Hardcore-Band All Torn Up den Song „Together We“ aufgenommen – eine Liebeserklärung an seinen Lieblingsclub. Am kommenden Sonntag wird Rabbi Darkside das Heimspiel des FC St. Pauli gegen Hansa Rostock besuchen und dann auf Europa-Tour gehen. SportsWire sprach mit dem 31-Jährigen über Fußballfans und Prophezeiungen.

Ein HipHopper aus New York City rappt für den FC St. Pauli – wie konnte das denn passieren?

Ein Freund von mir ist einer der Aktivisten der East River Pirates, das ist der FC St. Pauli-Fanclub in New York City. Er rief mich irgendwann an und fragte, ob ich Lust hätte, zu einem Punksong der Band All Torn Up ein paar Strophen beizusteuern. Obwohl ich schon mein ganzes Leben lang Fußball spiele und Fußballfan bin, wusste ich ehrlich gesagt nicht viel über St. Pauli. Nach einer Recherche über die Geschichte des Clubs und ein paar Treffen mit den East River Pirates war ich aber hin und weg. Die Haltung der Fans, der Style, der weltweite Ruf – das alles gefällt mir.

Worum geht es in deiner Rap-Passage?

Der Text ist eine Hommage. Er behandelt das, was den FC St. Pauli meiner Meinung nach auszeichnet. Es geht um Gegenkultur, Zusammenhalt, harten Rock und Fans, die eine Meinung haben und diese auch laut zum Ausdruck bringen. Das Thema Zusammenhalt greifen wir auf, indem wir Punkmusik mit einem Rap verbinden. Musikalische und kulturelle Grenzen überwinden – auch darum geht’s. Inspiriert ist der Text von der Geschichte St. Paulis: Es gibt Hinweise auf Spieler, Offizielle, Viva con Agua, das Stadion, den Fanladen. Ich habe versucht, in den wenigen Takten 100 Jahre St. Pauli unterzubringen.

Du wirst am kommenden Sonntag das Heimspiel von St. Pauli gegen Rostock besuchen. Was für Erwartungen hast du?

Ich habe schon Spiele im Maracana-Stadion in Rio und in einigen europäischen Städten gesehen, aber bei keinem dieser Spiele war die Rivalität so groß wie die zwischen St. Pauli und Rostock. Ich erwarte eigentlich eine laute, lebendige Menge und eine Atmosphäre wie bei einer Party auf der Reeperbahn. Aber möglicherweise wird die Stimmung etwas getrübt sein. Viele Fans sind ja unzufrieden mit dem Verhalten des Vereins im Zusammenhang mit der Ticketvergabe für die Rostocker. Es spricht meiner Meinung nach für die großartige Qualität der braun-weißen Fanszene, dass Repressionen und Einschränkungen von Fan-Rechten nicht hingenommen werden – und zwar auch dann nicht, wenn davon ungeliebte gegnerische Fans betroffen sind.

Spielt Sport eine große Rolle in deinem Leben?

Ich komme aus einem Arbeiterviertel in Buffalo, und Sport war dort immer ein wichtiges Thema für die Menschen. Das Football-Team der Buffalo Bills und die Eishockey-Mannschaft der Buffalo Sabres sind wichtige Quellen des Bürgerstolzes – und auch ich bin Fan von ihnen. Aktiv habe ich aber immer lieber Fußball gespielt. Fußball hilft bei der Kontaktaufnahme und Kommunikation mit Menschen in aller Welt. Genau wie HipHop.

Warum hast du dir HipHop als Ausdrucksmittel und Lebensstil ausgesucht?

Mein Ziel ist es, grundsätzlich gesagt, die Welt und mich zum Positiven zu verändern. Dabei hilft mir HipHop als Kultur und als Musik. Ich war ungefähr 18, als ich gemerkt habe, dass HipHop in der Lage ist, Grenzen zu überwinden und die unterschiedlichsten Menschen zusammenzubringen. Rap ist für mich der beste Weg, meine Beobachtungen und Ideen mitzuteilen.

Welches sind die wichtigsten Themen in deinen Songs?

Als ich jünger war, habe ich versucht, die Themen Judentum und HipHop miteinander zu verbinden. Beides sind Kulturen des Überlebens und der Erneuerung, der Diaspora, des Bewahrens, beides sind Kulturen des Geschichtenerzählens. Ich habe mich dann ein bisschen von meinen jüdischen Wurzeln entfernt und mich stärker dem HipHop zugewandt. Man kann sagen: Wenn es heute eine religiöse Komponente in meinem Leben gibt, dann ist das HipHop. Meine Kernbotschaft ist, dass die Menschen die Welt um sie herum aufmerksam studieren sollen und sich dafür verantwortlich fühlen sollten, sie gerechter, menschenfreundlicher und toleranter zu machen.

Was sind dabei die wichtigsten Einflüsse für dich?

Ich lasse mich überall inspirieren. Das geht von den großen russischen Dramatikern zu Noam Chomsky, von Charles Bukowski zu Langston Hughes und Nikki Giovanni, und von Feist zu Wes Montgomery und dem Dalai Lama. Wichtig ist für mich, alle Einflüsse zu dokumentieren. Ob ich im Kino bin, in einem Museum oder in der U-Bahn – überall schreibe ich Notizen über das Leben in ein kleines Buch.

Eigentlich ist diese Frage ja verboten, aber ich stelle sie trotzdem: Was hat es mit deinem Namen auf sich?

Den haben mir Freunde gegeben, als ich 15 war und mit HipHop noch gar nichts am Hut hatte. Aber er passt immer noch. Da ist zum einen der Rabbi: der Wissbegierige, der Lehrer, der Spirituelle. Und dann ist da die Darkside: die schlechten Gewohnheiten, die Laster, die Geheimnisse. Der Name war wirklich eine sich selbst bestätigende Prophezeiung.

Da wir bei Prophezeiungen sind: Wie geht das Spiel am Sonntag aus?

3:1 für St. Pauli!

Rabbi Darkside tritt am 29. März in Hamburg (Astra Stube) und am 31. März in Berlin (Cassiopeia) auf. Die CD „St. Pauli 100“ erscheint demnächst bei Tapete Records.
www.myspace.com/rabbiraps

Kommentare

1 Kommentar zu “Rabbi Darkside: No Sleep Till Millerntor!”

  1. Joss am 03.27.10 01:01

    Sehr interessant, danke

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