Ein Aufschrei ging durch die Gemeinschaft der Fans deutscher Bundesligisten. Nachdem ein Dortmunder Stadionbesucher ein bedingt geschmackvolles Plakat gegen Hopp gerichtet hatte, drohte der DFB mit Folgen, die mit derart ausgeklügelter Präzision schwammig formuliert waren, dass sie die Vereine zu einem Komplettverbot des Protestes gegen Hopp drängten.
Aber, liebe Fans, es gibt in Wirklichkeit keinen Grund zur Sorge.
SportsWire präsentiert fünf sexy Alternativen zum Protest gegen Hopp und den Kommerzfußball.

1. Protestiert gegen den BVB

Sollte der erstaunte Autor dieser Zeilen der einzige Beobachter der Vorgänge rund um den Hoffenheimer Präsidenten sein, dem die Realsatire des Passierten bewusst ist?
Ein BVB-Anhänger hetzt gegen den Geldbonzen Hopp. BVB – war das nicht jener Verein, dessen Fans noch vor gar nicht so langer Zeit in fremden Stadien nicht ohne einen gewissen überheblichen Stolz auf das finanzielle Gebaren des Dortmunder Clubs den Klassiker „Wenn wir wollen, kaufen wir euch auf“ anstimmten?
Der Verein, der seinen Anhängern mit dem gesamten Programm von Frühstücksflocken bis hin zur Klopapieraktie gierig das Geld aus der Tasche zog?
Der so weit über seinen wirtschaftlich vertretbaren Verhältnissen lebte, dass er als abschreckendes Beispiel in die Niederungen des Sports und die Highlights der Saisonrückblicke verbannt gehört hätte?
Ja, genau dieser Verein, der sich durch dieses Verhalten Vorteile gegenüber den dem Grundsatz der Sorgfaltspflicht folgenden Vereine ermogelt hat. Euren Vereinen, liebe Nicht-BVB Fans.
Wo sind also die Anhänger der Mannschaften, die deswegen nicht Meister geworden sind, nicht international spielen konnten oder sogar abgestiegen sind? Nehmt euch ein Vorbild an England.

Ich fordere: so lange protestieren, bis der eigene Verein den BVB auf 100 Mio Kompensation verklagt. Mindestens.

2. Protestiert gegen Werksclubs, z. B. den VFL Wolfsburg

Es soll ja jede Menge Menschen geben, die behaupten, 96 gegen Wolfsburg sei ein Derby. Mutmaßlich alles Wolfsburger. Der Verein startete in den Niederungen des Fußballs seinen kometenhaften Aufstieg in die Bundesliga. Vermutlich pure Koinzidenz, dass dies direkt vor den Toren eines Weltkonzerns geschah.
Seit 1997 ist der Verein nun Sammelbecken für persönliche Anekdoten (Ivanauskas Frau, Effe`s Ausspracheproblem), überteuerte südamerikanische Fußballer und den VW-Bilanzüberschuss.
In den letzten Jahren gab es ein schickes neues Stadion und weil VW die Finanzkrise vorhersah, durfte Felix der Glückliche Liquiditätsüberschüsse auf die Bank bringen. Einen Balkon hat das Rathaus indes immer noch nicht.
Mit Hoffenheim ist das aber nicht zu vergleichen. Auf keinen Fall. Die haben nämlich die B-Jugendmeisterschaft gewonnen und kommen zehn Jahre zu spät. Außerdem hat der Fan höchstens einen Golf in der Garage, aber kein R3 auf dem PC.
Vielleicht ist das Problem aber auch, dass der VFL acht Jahre lang keinen interessierte und als er anfing, sich aus der Bedeutungslosigkeit zu kaufen jeder das Gefühl hatte, er wäre schon immer dagewesen.

Ich fordere: Befreit Wolfsburg aus der Bedeutungslosigkeit! Greift zum Golfschläger! Auch der VFL hat es verdient, gehasst zu werden! Schluss mit der Vereinsdiskriminierung!

3. Protestiert gegen Eintracht Braunschweig

Ich kann mir die Verwirrung gut vorstellen. Eintracht Was?
Doch dieser Verein verdient es nicht, dass man ihn einfach davonkommen lässt. Schließlich ist er Schuld an allem. Der Tag der Verschuldung ist der 24. März 1973. Damals lief die Eintracht als erster deutscher Fußball-Verein mit Trikotwerbung auf.
Werbung für Alkohol auf der Brust von Fußballern für Fußballfans – manch einer mag denken, dass da zusammenwuchs, was zusammengehörte. Und doch ist dieser 24. März 1973 der Tag, wo dem Kommerz im Fußball zum ersten Mal die Pforten weit geöffnet wurden. Der Profifußball beugte sich sozusagen noch vorne und lud das Geld ein, tief hereinzukommen. Aus dieser Haltung hat er sich seitdem niemals wieder erhoben.
Diese Erbschuld belastet die Fußballer des BTSV noch heute, so dass der Verein sich in den Niederungen des Profifußballs versteckt, gerade an der Grenze der Wahrnehmung. Nur einem deutschen Spartensender ist zu verdanken, dass man sehen kann, wie alle paar Jahre der Verein für kurze Zeit die Fans von Zweitligamannschaften erfreut, um einen Teil der Schuld abzuarbeiten.

Ich fordere: Kein Vergessen! Jeder sollte sich daran erinnern, wer den ersten Stein des Anstoßes warf. Jehova!

4. Protestiert gegen Martin, protestiert für 50+1

Der Hauptgrund für die Ablehnung von Geldbonzen Hopp ist ja, dass er den ganzen Fußball kaputtmacht. Da kommt einfach jemand an und schenkt einem Verein Geld, nachdem andere Vereine das nicht geschenkt haben wollten. Ist ja so gesehen schon eine Frechheit. Und dann macht der Verein mit dem Geld auch noch sinnvolle Sachen. Da könnte ja jeder kommen.
Dies ist auch Martin nicht entgangen.
Der regiert Hannover schon seit Jahren so, als würde ihm der Verein gehören.
Was vielleicht daran liegt, dass das in der Realität genau so ist. Weil er da Geld reingesteckt hat, zusammen mit dem Karsten und einigen anderen. Aber verschenken, nein, dass will der Martin nicht. Der ist nämlich Geschäftsmann. Und Geschäftsmänner wollen verkaufen. In diesem Fall genau eine Stimme. Dann darf nämlich ein Investor des Weges kommen und den Verein einfach übernehmen. So wie in England. Russland Jena, Bwin Chemnitz und Red Bull Kartoffelacker wird es aber nicht geben. Weil … äh … sowas in Deutschland bestimmt keiner macht. Hat in England am Anfang ja auch keiner. Und da läuft es inzwischen so richtig gut. Also für einige.

Deshalb protestiert auch keiner für 50+1 oder gegen Martin. Das ist ja nicht so schlimm wie bei Hoffenheim, wo der Investor gar nichts für seine Investition kriegt. Außerdem könnte es ja vielleicht sein, dass ein Ölscheich ausgerechnet beim eigenen Heimatverein kommt und den Weg in eine goldene Zukunft bereitet. Dann wäre es endgültig was ganz anderes.
Schließlich hat man ja Tradition und Hoffenheim braucht nach konservativer Schätzung noch neun Jahre, einen umweltschonenden Hybridmotor und drei Packungen Aspirin, um ebenfalls genügend anzusammeln.

Ich fordere: Protestiert gegen euren Präsidenten, protestiert gegen euer Management. So lange, bis keiner mehr wagen wird für die Abschaffung von 50+1 zu stimmen.

5. Protestiert gegen die Fans

Fans protestieren gegen Fans – des eigenen Vereins. Das liest sich merkwürdig, ist bei genauerer Betrachtung aber konsequent. Das fängt schon damit an, dass die meisten Fans gar keine Fans sind. Die kommen nur zum Fußball ins Stadion. Vielleicht weil der Verein gerade erfolgreich ist, gut spielt oder der Bundesliga angehört und/oder in der Nähe ist.
Bei richtigen Fans ist das natürlich ganz was anderes. Die lieben den Verein, weil … naja, weil es halt der Verein ist. Verstehst du? Halt so … alles zusammen und … insgesamt und … überhaupt. Das hatte zu keinem Zeitpunkt etwas mit Geographie, der Leistung auf dem Platz oder der Ligazugehörigkeit zu tun. Trotzdem hat der SV Post hier um die Ecke nicht so viele richtige Fans wie Schalke. Dafür zum Glück aber auch nicht so viele falsche.
Man muss aber gar nicht mal gegen die eigenen Fans protestieren.
Nehmt doch mal zur Arbeit ein schönes Plakat mit, um den Herbert aus dem Nachbarbüro zu ärgern. Schönes Fadenkreuz über seinem Bild und die Aufschrift „Friss Blei“ oder „Dein Blut wird fließen“.
Oder am Werkstor von Bayer mal schnell das Vereinswappen von Leverkusen hissen und „Kill them all – let god sort them out“ drunterschreiben.
Arbeitet ihr in Hamburg als Pauli-Fan zwischen lauter HSVern, kein Ding. Einfach ein T-Shirt mit der Aufschrift „So many HSV Fans, so few bullets“ versehen und das Statement steht.
Ihr dürft auch gerne kreativer sein. Ist ja alles nicht so gemeint, nicht wahr?

Ich fordere: Spaß mit den Fans. Den eigenen und vor allem den anderen. Die richtige Message ist ortsunabhängig! Schickt uns die kreativsten Aktionen mit Fotos oder Videos und in vier Wochen gibt es die besten Einsendungen in der Rubrik „Spaß mit dem Betriebsrat“.

Kommentare

2 Kommentare zu “Protestalternativen – es muss nicht immer Hopp sein”

  1. Martin Krauss am 10.15.08 11:10

    “4. Protestiert gegen Martin” – dit vasteh ick nich!

  2. Sauzwerg am 10.15.08 11:14

    schöner Text, da Du im Einzugsgebiet dieses Fanzines zu leben scheinst, wie wäre es, Du bötest ihn der “Notbremse” an, deren Leser dürften sich drüber freuen

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