Hier ein Auszug aus einem Interview, das Professor Arnd Krüger kürzlich dem Hochschulsportmagazin “seitenwechsel” gab.

“Es wird auch gemunkelt, dass sie als Betreuer der israelischen Olympiamannschaft 1972 einem der Ringer zu Flucht verholfen haben.”

“Nein, das nicht. Aber ich war 1971 Betreuer der israelischen Leichtathleten bei den Vorolympischen Spielen. Vor allem zwei der Leichtathletinnen, die in meinem Verein in Leverkusen für einige Zeit mittrainierten, kannte ich gut.
Man hatte mir vorher gesagt: “Die kommen und wir sind gar nicht mehr da”. Ich verstand erst später richtig, worum es ging.
Als die Attentäter in das Olympische Dorf eindrangen, flüchtete einer der Geher als letzter aus dem israelischen Quartier über den Balkon. Er hatte zentimeterdicke Brillengläser, d.h. er war praktisch blind ohne Brille, Und wen jemand wie er flüchten konnte, hätte jeder flüchten können. Aber die Anderen wollten nicht. Sie hatten sich freiweillig gemeldet und wissten, dass die Palästinenser kommen würden.Nicht wann – aber dass. In der israelischen Presse war die unsichere Lage schon Wochen vorher diskutiert worden. Daher hatte man die gesamte Frauenmannschaft in München privat untergebracht. Nicht mehr als eine Person pro Wohnung, um kein Risiko einzugehen, Von den männlichen Mitgliedern des israelischen Teams waren nur Geheimdienstler, Reserveoffiziere und Freiwillige da.
Außer der Ringer Moshe Weinberg. Der hatte sich erst am Abend im Olympischen Dorf gemeldet, weil er mit dem Zug aus Amsterdam von einem Familienbesuch gekommen war. Am nächsten Abend hätte er er auch ein Zimmer bei Freunden in München gehabt. Es hätte auch niemand da sein müssen. Aber das war eine politische Entscheidung. In der israelischen Presse wurden die Vorfälle in München das zweite Aleppo genannt. In Hebron nahm 1949 der damalige Herrscher den Tod der Bevölkerung in Kauf, um einen Freifahrtschein für einen Krieg von der Weltöffentlichkeit zu bekommen.
Die Leichtathleten, mit denen ich den meisten Kontakt hatte, waren vor allem traurig über den Verlust ihres Trainers Amitzur Shapira.”

Kommentare

2 Kommentare zu “Prof Arnd Krüger: Interview Frühjahr 2008”

  1. richtig gestellt / bissig bemerkt » Blog Archiv » Meinungsfreiheit oder Eigentor ? am 07.01.08 22:40

    […] möglicherweise aus Gründen der Staatsraison wissentlich in den Tod gegangen sind (hier, hier und hier). Da Juden und Israel betroffen sind, schlagen die Wogen natürlich vorhersehbar sehr hoch, und dem […]

  2. kraussblog » Blog Archive » krüger am rand am 07.03.08 15:28

    […] Der Göttinger Sportwissenschaftler Arnd Krüger ist heftiger Kritik ausgesetzt. Auf einer Tagung behauptete er, die israelischen Sportler und Trainer, die 1972 beim Olympiamassaker ums Leben kamen, seien wissentlich in den Tod gegangen. „Antisemitismus pur“ wirft ihm Dieter Graumann vom Zentralrat der Juden in Deutschland vor. Krüger sprach über angebliche Ursachen, die in der israelischen Gesellschaft und im Judentum zu suchen seien. Material dazu findet sich bei Elke Wittich in (oder auf?) sportswire.de hier und hier. […]

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