Pokalheld Hund

von Elke Wittich

Pickles ist, zugegeben, kein wirklich gut gewählter Name für einen Superhelden, aber manchmal heißen eben auch Heroen doof.
Besonders, wenn sie Hunde sind. Pickles war ein Hund und ein Held, denn er fand aus eigenem Antrieb 1966 den Coupe Rimet wieder, den Diebe aus einer Ausstellung in London vor der WM geklaut hatten. Die Geschichte von Hund und Trophäe ist so hübsch, dass sie es verdient, auch ohne unmittelbaren Anlass erzählt zu werden – vor allem dann, wenn man Ablenkung von einem vollkommen unverdienten Hertha-Sieg braucht.

Am 19. März 1966 war der damalige Coupe Rimet aus einer Ausstellung in der Central Hall/Westminster gestohlen worden. Der Diebstahl der Trophäe, die anlässlich der im selben Jahr in Großbritannien ausgetragenen WM präsentiert wurde, war derart wichtig, dass die BBC am Abend alle laufenden Programme unterbrach, um die Schreckensnachricht zu verkünden.

Scotland Yard wurde aktiviert, die Nachforschungen der Beamten verliefen aber zunächst ergebnislos. Äußerungen des späteren Fifa-Präsidenten, des Brasilianers João Havelange, trieben die Ermittler zu Höchstleistungen. Es sei mal wieder typisch, hatte er gesagt, »wir haben jahrelang den Cup besessen und die Engländer verlieren ihn innerhalb weniger Tage«.

Am 25. März meldete sich schließlich der Dieb. In einem Brief an den britischen Fußballverbandspräsidenten forderte er 15 000 Pfund, und zum Beweis, dass es ihm ernst sei, legte er Teile der Trophäe bei. Die Quartz- und Onyxsteine stammten, das ergaben Überprüfungen der Polizei rasch, tatsächlich vom Sockel der Statue. Nur einen Tag später gelang es den Beamten, den Dieb dingfest zu machen. Edward Bletchley wollte während der folgenden Verhöre jedoch nichts über den Aufenthaltsort des Cups sagen.

Bis schließlich der 26jährige Londoner David Corbett eines Abends seine schwarz-weiß gefleckte Promenadenmischung namens Pickles zum Gassigehen ausführte. Der Hund begann während des Spaziergangs unter einem Busch zu graben und förderte dabei ein Paket zutage. Corbett öffnete es und hielt plötzlich den Coupe Rimet in der Hand.

Scotland Yard entlohnte das Herrchen des Finders mit 6 000 Pfund, einer damals stattlichen Summe. Für Pickles wurde von einer Hundefutterfirma ein Extrapreis ausgesetzt. Als einziger britischer Hund erhielt er Zugang zu den folgenden WM-Spielen, allen anderen Kötern war es damals verboten, Fußball zu gucken. Zudem sollte der Rüde ein Jahr lang kostenlos sein Futter erhalten.

Pickles sollte es jedoch nicht schaffen, seine Freirationen vollständig aufzuessen. Das damals kurzzeitig sogar international bekannt gewordene Fußballmaskottchen starb an Verletzungen, die es sich im Kampf gegen eine zweifellos äußerst bösartige Katze mit wahrscheinlich deutschem Pass zugezogen hatte.

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