Pimp your Stadion (2)

von Alex Feuerherdt

Eben noch in Frankfurt, kurz darauf schon in Bremen: Zweiter Teil der kleinen Serie über die geahnten und ungeahnten Qualitäten von Bundesligaspielen, diesmal rund um die Partie des SV Werder gegen Hertha NPD BSC.

Hinfahrt
Eine geschlagene Dreiviertelstunde steht der IC am Bonner Hauptbahnhof abfahrbereit herum, kommt aber nicht los. Der offizielle, von Mehdorns Schergen genannte Grund: „Zwischen Bonn und Köln liegt eine Person auf den Gleisen.“ Ich funke die Verspätung an Bonde von verbrochenes.net, damit der nicht unnötig früh am Treffpunkt ist und dann warten muss. Die Antwort kommt um 10.02 Uhr per SMS: „Im Bett ist es so warm und gemütlich, da habe ich null Verständnis für Leute, die lieber auf Gleisen liegen.“ Als sich mein Zwerchfell wieder halbwegs beruhigt hat, bringt mir mein Mitfahrer C. (ein Freund, Schiri und glühender Werder-Fan – alles respektable Charakterzüge also) den neuesten Hoffenheimer Fangesang bei. Der geht – zur Melodie von des Kaisers Evergreen „Gute Freunde kann niemand trennen“ – so:

Pyromanen ham immer Feuer,
Schizophrene sind nie allein,
Pädophile ham immer Bonbons,
und wir ham Hoffenheim.

Da lassen sich sogar die „Reichshauptstadt!“ grölenden Hertha-Anhänger in der Straßenbahn vom Bremer Hauptbahnhof zum Stadion lässig verschmerzen: 5 von 5 Punkten.

Eintrittskarte
Ein unästhetisches, anscheinend von einem un(ter)bezahlten Praktikanten layoutetes Stück Papier. Schlimm. Und muss das sein, dass da auch noch in fetten roten Lettern „Schiedsrichter“ draufgestempelt ist? Damit es auch die Nachbarn wissen? Wenigstens wird nicht noch der Name auf einer Liste eingetragen wie in anderen Stadien. Und am Eingang steht kein seelenloser Scanner, sondern ein leibhaftiger Mensch, der routiniert einen Riss in das Ticket macht. 2 von 5 Punkten.

Kaltschalen
Erst Beck’s aus Plastebechern mit dem Konterfei eines Werder-Spielers. Ich bekomme zweimal Diego und einmal Fritz. Ideal. Danach, im „Haifischbecken“, Haake-Beck aus kleinen Buddeln. Formvollendete Kombination. Und: Selbst nach insgesamt rund vier Litern und viel zu vielen Kippen keine Kopfschmerzen am nächsten Morgen. Selten genug. 5 von 5 Punkten.

Stadion
Wird offenbar gerade umgebaut; das scheint aber noch gefühlte hundert Jahre zu dauern. Jedenfalls fehlen Teile des Dachs, was dazu führt, dass die unüberdacht Sitzenden zu Hunderten, ach was, Tausenden ihre bereit gelegten grünen Einwegregenponchos überstreifen müssen, als der Himmel seine Schleusen öffnet. Eine einzigartige Choreografie, und dafür sind nicht mal die Ultras verantwortlich. Dank Bondes Weitsicht liegen unsere Stehplätze (wenn Stehplätze überhaupt liegen können) aber im Trockenen. Das nennt man ausgleichende Gerechtigkeit. 5 von 5 Punkten.

The Game
Eigentlich bin ich immer davon ausgegangen, dass kein Herz hat, wer mit 16 nicht Werder-Fan war, und keinen Verstand, wer es mit 40 immer noch ist. Aber dieser Diego… Nein, dieser Diego… Und weil ich außerdem für meinen demonstrativen Jubel beim Einblenden der 2:1-Führung für die Bayern gegen Bielefake auf der Videowand überraschend keine aufs Maul bekomme, rufe ich nach dem vier- und dem fünfzueins für die großartigen Bremer dann auch engagiert den Namen des Torschützen. Pizarro war schließlich früher mal bei uns. Schnüff. 5 von 5 Punkten.

Auswärtsteam
So stellt man sich gute Gäste vor: Machen keinen Ärger, lassen den Gastgeber ungestört seine Party feiern und gehen pünktlich wieder. Brav. 5 von 5 Punkten.

Das sind alles in allem erneut fantastische 27 von 30 Punkten. Und dieser Diego… Nein, dieser Diego…

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