Oct
30
Herbstzeit – Testzeit. Mal sehen, welche Qualitäten sich rund um das Bundesligaspiel Eintracht Frankfurt – Bayern München so zeigen. Als Schiri hat man ja grundsätzlich freien Eintritt zu allen Fußballspielen im Bundesgebiet, solange das entsprechende Kartenkontingent (in der Regel zwischen 100 und 300 Tickets, die erst am Spieltag ausgegeben werden) noch nicht vergriffen ist. In Frankfurt öffnet die Schiedsrichterkasse (wobei „Kasse” hier ein irreführender Begriff ist) vier Stunden vor Spielbeginn. Ich bin pünktlich um 16 Uhr da.
Eintrittskarten
Vor mir warten schon etwa 40 Schirikollegen, als das Häuschen die Rollladen schlag vier Uhr nachmittags öffnet. Als ich an der Reihe bin – was nicht lange dauert –, werde ich höflich gefragt, wo ich sitzen möchte: „Oberrang Ostkurve oder Oberrang Westkurve?” Normalerweise bekommt man kommentarlos ein Kärtchen. Ich möchte wissen, wo sich die Gästekurve befindet, und bekomme ein Ticket für sie. Im freien Verkauf würde ein solcher Platz knapp 30 Euro kosten. Hier wird man als Referee hervorragend behandelt: 5 von 5 Punkten.
Kulinarisches
Auf dem Weg zum Stadion gibt es in einer Unterführung einen halben Meter (!) Bratwurst in einem ebenso langen Baguettebrot. Für 3,50 Euro. Wahnsinn. Und obwohl viel los ist, komme ich sofort dran. Direkt daneben gibt es formidables Bier vom Fass. Einen halben Liter für drei Euro. Wieder muss ich nicht warten. Ganz klar: Auch hier 5 von 5 Punkten.
Leibesvisitation
Als ich vor dem Eingang gerade meine Jackentaschen ausräumen will, bremst mich der freundliche Kontrolletti mit der Bemerkung: „Zeisch erst emol dei Kart, sonst is des hier alles überflüssisch.” Sehr aufmerksam! Ich reiche ihm mein Ticket, räume anschließend meine Taschen weiter aus und lasse dabei unauffällig meinen Schlüssel fallen. Er bückt sich, hebt ihn auf und gibt ihn mir mit einem väterlichen Lächeln zurück. Weltklasse. Das Abtasten ist sanft, aber energisch; anschließend wünscht man mir einen schönen Abend. Nix zu meckern: 5 von 5 Punkten.
Toiletten
Zahlreich vorhanden, akzeptabler Zustand, Seife und Einweghandtücher sind vorhanden. Da wird der Harndrang zum Vergnügen. Leider stinkt es auf den Klos infernalisch. 3 von 5 Punkten
Gänsehaut
Zwischen dem Ober- und dem Unterrang der Westkurve (also dort, wo die Eintracht-Fans stehen) hängt ein riesiges schwarzes Spruchband mit der weißen Aufschrift: „…was bleibt, ist die Leere und der Platz neben mir”. Fünf Minuten vor dem Anpfiff klärt der Stadionsprecher dann darüber auf, dass ein engagierter Eintracht-Fan viel zu früh aus dem Leben geschieden ist, weshalb man zu seinen Ehren nun ein Lied spiele und die Fans in den ersten drei Spielminuten schweigen würden. Aus den leider total übersteuerten Boxen ertönt „Too young to die”. Nach dem Anpfiff ist es tatsächlich genau 180 Sekunden fast mucksmäuschenstill im Stadion. Als der Videowürfel dann exakt 3:00 Minuten anzeigt, erhebt sich ein regelrechter Orkan: Kurzer Beifall, und dann ein mächtiges, -zigtausendstimmiges „Eintracht!” hier und „Bayern!” dort. So kalt ist es mir schon lange nicht mehr den Rücken heruntergelaufen. 5 von 5 Punkten.
Gastfreundschaft
Riesig. So riesig, dass die Bayern sich zu Beginn der zweiten Halbzeit mit einem Eigentor von Demichelis revanchieren. Das weist die Eintracht aber höflich zurück: Sie lässt die Gäste anschließend zweimal treffen und gewinnen. Nur Patrick Ochs’ platzverweisverdächtige Sense gegen Franck Ribéry trübt ein wenig den guten Eindruck. 4 von 5 Punkten
Das ergibt in der Summe satte 27 von 30 Punkten. Ein absoluter Spitzenwert, der am Samstag bei Werder gegen Hertha nur schwer zu toppen sein dürfte.
Kommentare
4 Kommentare zu “Pimp your Stadion (1)”
Hättest Du mal was gesagt Fumpe. Ich war da natürlich auch und hätte gerne eines der formidablen Biere mit Dir getrunken!
Ok, Du bist nicht der Alex, den ich vermutet hatte.
Ich plädiere dafür nur Vor- und Nachnamen zu verwenden und Bilder der Autoren zu präsentieren 🙂
Da stehen doch Vor- und Nachnamen, herrje 🙂
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