Olympisch ausgegrenzt

von Elke Wittich

Was heute als die Spiele der Jugend der Welt gilt, bei denen Menschen aller Nationalitäten, Hautfarben und Religionen einträchtig miteinander wettkämpfen, war in seinen Ursprüngen eine zutiefst diskriminierende und rassistische Veranstaltung.
Auch der Begründer der Olympischen Spiele der Neuzeit würde nach heutigen Maßstäben als Rassist gelten.

Bei den Olympischen Spielen der Antike durften nur freie Bürger teilnehmen, Frauen hatten nicht nur keinerlei Startrecht, sondern waren sogar vom Zuschauen, das ihnen bei Androhung drastischer Strafen verboten war, ausgeschlossen.
Und so ging es zunächst auch weiter, nachdem man im 17. Jahrhundert Sport als Freizeitbeschäftigung entdeckt hatte. Nur die hohen Stände verfügten über genügend Freizeit, sich sportlich zu betätigen, alle anderen Menschen hatten genug damit zu tun, sich den täglichen Lebensunterhalt zu sichern.

Ausgrenzung als Vereinsprogramm

Als Pierre Coubertin dann 1898 die Welt zu seiner idealisierten Vorstellung der antiken Olympischen Spiele einlud, war ebenfalls nicht jeder willkommen. Viele Turnvereine jener Zeit ließen Nichtchristen, Schwarze, Frauen und Ureinwohner nicht als Mitglieder zu.

Weltausstellung “primitiver Völker”

Den Rassismus jener Zeit zeigt eine Ausstellung in St. Louis 1904. Damals waren die Olympischen Spiele noch Begleitprogramm der jeweiligen Weltausstellung, und anläßlich dieser Expo war man auf die Idee gekommen, Menschen auszustellen. Dem staunenden Publikum wurde das angebliche Leben so genannter „primitiver Völker“ präsentiert, dazu wurden unter anderem eine „Indianerschule“ und ein angeblich originalgetreues philippinisches Dorf aufgebaut und die entsprechenden Ureinwohner als Statisten zum Begaffen freigegeben.
Und nicht nur das: Um zu beweisen, dass nur Weiße zu körperlichen Höchstleistungen in der Lage sind, veranstaltete man “Anthropologische Tage”, bei denen „Wilde“ ihre traditionellen Sportarten vorführen und in Wettbewerben, für die sie nicht trainiert hatten, zur allgemeinen Belustigung gegeneinander antreten mussten.

Zwei Rassisten werden weltberühmt

Von Pierre Coubertin ist überliefert, dass er keinerlei Einspruch gegen die rassistische Show erhob, im Gegenteil, er äußerte sich lediglich empört darüber, dass auch Türken und Syrer zu den Ausgestellten zählten, die er persönlich nicht als Wilde, sondern als „Kulturvölker“ sah.
Der Initiator der anthroposophischen Show, James E. Sullivan, wurde zu einem hoch angesehenen Sportfunktionär. In den USA wurde die höchste Auszeichnung für Amateursportler nach ihm benannt, der alljährlich verliehene James E. Sullivan-Award gilt als sportliches Oscar-Pendant.

Schwarze Olympiateilnehmer als Witzfiguren

Dass in St. Louis zum ersten Mal Schwarze an einem Olympischen Wettbewerb teilnehmen durfte, hatte entsprechend ebenfalls nichts mit olympischen Idealen oder gar gesellschaftlicher Gleichberechtigung zu tun.
Zwei Angehörige der Volksgruppe der Zulus waren ursprünglich zur Weltausstellung geschickt worden, um dort Werbung für Safarireisen in Südafrika zu machen. Die südafrikanischen Funktionäre meldeten sie vor Ort dann aber kurz entschlossen zum Marathon-Wettbewerb an – vielleicht sogar in der unterschwelligen Absicht, sie zum Gespött zu machen. Denn das Rennen endete für die beiden ungeübten Läufer in einem Fiasko: Einer wurde von Hunden gehetzt und hatte sich voller Angst in einem Maisfeld versteckt, der andere hatte sich in der unbekannten Umgebung verlaufen.

Kommentare

5 Kommentare zu “Olympisch ausgegrenzt”

  1. Sauzwerg am 07.24.08 10:50

    insofern folgt China als Veranstalter mit menschenverachtender Gesinnung durchaus einer gewissen Tradition

    ein Jahrhundert hat allerdings neue Ziele staatlicher Verfolgung und Vernichtung hervorgebracht, der “Regimekritiker” beispielsweise dürfte in den Anfangszeiten sowohl der klassischen als auch der modernen Olympischen Spiele zwar schon bekannt gewesen, aber noch anders genannt worden sein

  2. Kelly Brown am 06.13.09 06:12

    The article is ver good. Write please more

  3. Cardinal am 07.25.09 16:37

    Ähm. Anthroposophische Tage? Müsste es nicht heißen “Anthropologische Tage”?

    siehe:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Olympische_Sommerspiele_1904#.E2.80.9EAnthropologische_Tage.E2.80.9C

    Anthroposophen haben zwar auch ihr kulturchauvinistisches Potential, aber hatten nicht sooo arg viel mit Sullivan und Olympia zu tun. 😉

  4. Magdalena Zoeppritz am 07.25.09 16:50

    Greetings from Mrs. Malaprop for confusing anthroposophical and anthropological.

  5. Elke Wittich am 07.25.09 17:00

    Oh – thnx, ist geändert

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