Mit Drillo gegen Deutschland

von Axel Grumbach und Elke Wittich

Egil Olson, genannt Drillo, ist der alte und neue Trainer der norwegischen Fußball-Nationalmannschaft, die morgen gegen das deutsche Team spielt. Die Nation war über seine Berufung entzückt – der bekennende Linke läßt zwar meist ausgewiesenen Scheißfußball spielen, aber das immerhin recht erfolgreich.

Die notorische Erfolgslosigkeit des Nationalteams hatte man in Norwegen lange Jahre stoisch hingenommen – nicht ohne insgeheim auf Erfolge zu hoffen: Der Wirt einer Osloer Künstlerkneipe erinnert sich an Abende in den siebziger Jahren, an denen er einfach in die Runde rief: “Norwegen hat gerade Schweden im Fußball geschlagen!”, und sofort begann eine riesige Jubelfeier, “daß das gar nicht stimmte, haben die Leute ja erst am nächsten Mittag, als sie aus der Kneipe wankten, gemerkt.”

1990 war es dann soweit: Egil Olsen, genannt Drillo, ein ehemaliger Nationalspieler, übernahm das Amt des Nationaltrainers. Der damals 48jährige hatte selbst 16 Spiele für die norwegische Auswahl bestritten, das erste Match unter seiner Regie wurde mit 6:1 gegen Kamerun gewonnen. 1991 gelang in der Qualifikation zur Fußball-EM ein 2:1-Sieg gegen Italien, ein Erfolg, der nicht alle Norweger vorbehaltlos glücklich machte: “Der letzte Sieg gegen ein großes Fußballand gelang bei der Olympiade 1936 gegen Deutschland – kurz darauf wurden wir von den Deutschen besetzt. Was werden die Italiener mit uns machen?” fragte das Magazin Pulse.

Zwei Jahre später konnte man ausgerechnet gegen den Angstgegner Polen, gegen den man seit 48 Jahren nicht mehr gewonnen hatte, siegen und die Teilnahme an der WM in den USA sichern.
Das Drillosche Dreamteam wurde dort durch das langweiligste WM-Spiel aller Zeiten, das 0:0 in der Vorrunde gegen Irland, bekannt. Zwei monolithische Defensivblocks hatten so minimalistisch agiert, daß sie alle Vorurteile amerikanischer Sportfans gegenüber “soccer” übererfüllten.
Die Nation war enttäuscht, 80 Prozent hatten auf ein Endspiel Norwegen gegen Deutschland getippt, nahm jedoch die Entschuldigung ihres obersten Trainers an: “Ich würde auch gern schönen Kombinationsfußball spielen, aber mit meiner Mannschaft kann ich das eben nicht.”

Drillo ist ein Meister des knappen Interviews, was im Ausland immer wieder für in der Heimat genüßlich zitierte Verwirrung sorgt.
So auch bei einem recht kurz ausgefallenen Gespräch mit dem niederländischen Fernsehen.
Auf die Frage: “Holland spielt offensiv mit vier Angreifer. Das tut Norwegen nicht?” antwortete Drillo: “Wir greifen mit elf Männern an, wenn wir den Ball haben. Ich verstehe nicht, was Sie meinen.”
“Ist das typisch für Norwegen?”
“Ja,” erklärte Drillo, “wir spielen kollektiv!”
Norwegische Reporter haben sich an ihren Nationaltrainer und seine Spielweise dagegen sehr gut gewöhnt. “Kaum zwei Minuten gespielt und schon in der Nähe des gegnerischen 16-Meter-Raums!” bestaunten sie beispielsweise früher unplanmäßige Angriffe des Drillo-Teams.
In den langen Jahren der Erfolgslosigkeit hatten sie sich immerhin daran gewöhnt, auch aussichtslos erscheinenden Spielsituationen Positives abzugewinnen: “Das war jetzt natürlich ein ausgesprochen schlechter Moment, ein Gegentor zu kassieren!” – “Ja, aber nun müssen die Holländer hoffen, daß wir nicht ausgleichen, und das wird sie nervös machen!”

Egil Olsen ist ein Star, auch wenn er das gar nicht möchte. Seine politische Haltung, er ist überzeugter Kommunist, wird von den Fußballfans gelassen hingenommen. Vielleicht, weil er sich eben auch politisch nicht verbiegen lassen mag: “Ich stehe immer noch zu meiner Überzeugung. Ich habe nur damit aufgehört, alle Konservativen Faschisten und alle religiös Überzeugten Idioten zu nennen.”

Kommentare

5 Kommentare zu “Mit Drillo gegen Deutschland”

  1. marki am 02.10.09 22:14

    war der kerl nicht mal trainer in england (fc wimbledon) und trug gummistiefel an der seitenlinie?

  2. Elke Wittich am 02.11.09 02:21

    Die Gummistiefel trägt er, weil er irgendeine seltsame Fußkrankheit hat, sowas wie Ekzem. Oder so. Warum es deswegen ausgerechnet atmungs-inaktive Gummistiefel sein müssen, habe ich nie verstanden.
    Rätselhaftes Norwegen, rätselhafte Kommunisten…

  3. marki am 02.11.09 11:12

    irakischer nati trainer war er auch. menno, der und Sócrates, das wäre ein formidables gespann 😉

  4. Elke Wittich am 02.12.09 02:08

    Hach, hat Drillo das nicht super hinbekommen heute?
    Seiern er vår…. 🙂 🙂 🙂

  5. marki am 02.12.09 11:41

    es hat geklappt.

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