Matrix auf der Bikinihose

von Elke Wittich


Viel Platz für Werbung ist nicht auf der Kleidung, die für Beach-Volleyballerinnen vorgeschrieben ist. Auf die Bikinioberteile passt mit Müh und Not eine Reklameaufschrift, auf den Bikini-Hosen kann keinerlei Botschaft untergebracht werden. Diese Höschen, die an der Seite nicht breiter als sieben Zentimeter sein dürfen (Männer dürfen dagegen weitestgehend anziehen was sie wollen), empören islamische Regierungen und konservative Christen übrigens bereits seit 1996, als die Sportart erstmals ins olympische Programm aufgenommen wurde.
Nun ist allerdings Schluß mit der Hose als werbefreier Zone:
Die brititschen Beach-Volleyballerinnen Shauna Mullin und Zara Dampney, 26. der Weltrangliste, werden beim Visa FIVB Beach Volleyball International, einem offiziellen Testturnier für die Olympischen Spiele in London 2012, mit Barcodes auf den Hintern antreten – und damit das Sport-Werbe-Genre revolutionieren. Aber werden sie das auch wirklich ernsthaft tun, also revolutionieren?
Das Prinzip ist einfach und jedem, der ein neueres Smartphone besitzt, bekannt: Quick Response (QR) ist ein Matrix-Barcode. Die zweidimensionale Darstellung sieht für den normalen Betrachter wie ein Haufen Striche plus eventuell einigen Quadraten aus. Fotografiert man so ein QR allerdings mit einem Handy oder einem PDA, die mit entsprechender kostenloser Software ausgerüstet sind, wird die darin enthaltene Botschaft, beispielsweise eine E-Mailadresse oder ein Text, automatisch decodiert.
Shauna Mullin und Zara Dampney werden nun mit einem Matrix-Barcode auf den Hosen für die Wettfirma Betfair werben. Hinterteile seien für Zuschauer ganz besonders interessant, finden laut Reuters Reklamexperten, „wir wollen sicher stellen, dass unsere Kampagne bei möglichst vielen Fans im Gedächtnis bleibt“, umschreibt das Betfair-Pressesprecher Andy Lulham. „Soweit wir wissen, ist dies eine Premiere, denn QR-Codes wurden nocht niemals vorher während eines sportlichen Wettkampfs benutzt – und es gibt wohl kaum einen besseren Weg, um ihre Effizienz zu testen, als sie dort anzubringen, wo sie am häufigsten fotografiert werden.“
Nun ist es allerdings nicht so, dass eine mittels Handy-Kamera abfotografierte QR automatisch auch die Werbebotschaft entschlüsselt, wenn dies nicht vorher eingestellt wurde. Und außerdem bewegen sich Sportler naturgemäß ständig, so dass der Sponsor selbst bei professionellen Bildern nicht sicher sein kann, dass seine tolle Reklame auch wirklich so ordentlich im Bild sein wird, dass Zeitungsleser und Internet-Bildergucker auch wirklich eine Chance haben, mit ihren Smartphones die Werbung entschlüsseln zu können. Muss vielleicht doch noch ein bissl an der Revolution gearbeitet werden.

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