lothar spitzenreiter

von Martin Krauss

Das hätten Lothar Matthäus nur wenige zugetraut: Durch einen rauschenden 3:1-Sieg über Hapoel Petah Tikva setzte sich das von ihm trainierte Maccabi Netanya schon am zweiten Spieltag an die Spitze der israelischen Fußballliga. Dabei war die Saison schon nach dem ersten Spieltag so verkorkst wie noch nie.

 

Lothar Matthäus, wir erinnern uns, wurde als viel Gelobter ins Heilige Land geholt, damit der Fußballclub Maccabi Netanya nach über dreißig Jahren mal wieder den Meistertitel nach Nordisrael bringt. Matthäus’ Vorgänger war Reuven Atar, ein junger Trainer, der mit dem Klub zweimal hintereinander den Vizemeistertitel geholt hatte, was ihm viel Respekt bei Fans und Fußballexperten einbrachte. Weil aber Klubchef Daniel Jammer mit Maccabi mehr vor hatte, musste Atar gehen und Matthäus kam.

Maccabi Netanyas größter sportlicher Gegner ist Beitar Jerusalem. Sowohl Beitar als auch Maccabi sind nicht so gestartet, wie sich das der jeweilige Anhang erhofft hatte. Netanya schied gegen den bulgarischen Vertreter Cherno More Warna aus dem Uefa-Cup aus. Beitar Jerusalem verpasste nach einer 0:5-Niederlage gegen den polnischen Klub Wisla Krakow die Champions-League-Qualifikation.

In die Ligat ha’Al, die oberste israelische Spielklasse, die erst einen Spieltag hinter sich hat, starteten sowohl Netanya als auch Jerusalem mit Auswärts-Unentschieden.

Matthäus geriet in Netanya in die Kritik, und bei Beitar brach eine Vereinskrise aus, die ungeahnte Ausmaße hat: Beitar-Besitzer Arkadi Gaydamak verkündete nach der Krakow-Blamage, dass Itzhak Schum, immerhin der Trainer, der wenige Wochen zuvor viel umjubelt das Double geholt hatte, gefeuert und mit dem französischen Welt- und Europeister Luis Fernández ein, übrigens vor zwei Jahren schon mal geschasster, Nachfolger verpflichtet sei. Doch Fernández ließ die israelischen Kluboberen, die schon überall mit seiner Verpflichtung angaben, wissen, dass er lieber in Frankreich bleibe. Gaydamak war wütend, schmiss gleich vier führende Klubmanager raus und verpflichtet den nächsten Trainer. Der Klub kann also bereits nach dem ersten Spieltag den dritten Trainer präsentieren!

Ist das Chaos beim Konkurrenten gut für Lothar Matthäus? Nein, denn der neue Beitar-Trainer heißt Reuven Atar, Lothars erfolgreicher Vorgänger in Netanya und wohl so etwas wie Lothars Schatten im israelischen Fußball.

Mag sein, denkt man sich offensichtlich bei Beitar Jerusalem, dass wir international schon wieder nicht reüssieren können, aber ehe wir sogar die Meisterschaft vergeigen, womöglich an die ungeliebte Konkurrenz aus Netanya, schlagen wir sie doch lieber mit ihren eigenen Waffen.

Was Netanya jetzt machen könnte? Nichts, was einem Lothar Matthäus gefallen könnte. Die klügste Lösung wäre nämlich, wenn Maccabi nun Beitar mit deren Waffen schlüge: Matthäus raus! Und Itzhak Schum, den geschassten Meistertrainer von Beitar, rein!

 

 

Der Text erschien zuerst in meiner Kolumne in der Jüdischen Allgemeinen: Abseits.

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