Am 11. September feiert die Republik Kaisers Geburtstag. Hier berichtet der Kaiser aus seinem oft widersprüchlichen Leben, so wie er es in fünf seiner Autobiografien mitteilt.

Ich als ich

„Ich, der Kaiser Franz!“2 „Einer wie ich“3 „Ich. Wie es wirklich war“5 „Dieser Anfang ist natürlich ein ‚aufgelegter Schmarrn‘, wie man auf gut Münchnerisch sagt. Wenn ich so von mir sprechen würde, was glauben Sie, was ich da alles zu hören bekäme.“2

„Also.“3 „Dass ich im Tierkreiszeichen Jungfrau geboren wurde, hat sich nie nachteilig bemerkbar gemacht.“1 „Ich stellte mir plötzlich vor, dass aus dem gleichen Erdboden eine Blume, aber auch eine Brennnessel hervor sprießen kann. Sollte etwa mein Bruder eine Brennnessel sein?“3 „Es gibt Erlebnisse, die nur eine Frau hat und die ich gerne kennen lernen würde.“5

Ich und der Kampf

„Ich kann einfach nicht verstehen, wenn manche Fußballer wie narrisch über das ganze Feld spurten, obwohl nicht einmal ein Ball in der Nähe ist!“2 „Ich hatte nie begriffen, warum man mich für keinen Kämpfer hält. Mag sein, dass man mir die Anstrengung nicht auf den ersten Blick ansieht.“3

Ich und die Zuschauer

„Es heißt oft, ich sei überheblich. Die Leute, die das behaupten, kennen mich nicht.“1 „Die einzigen, die manchen Grund hätten, so zu urteilen, sind die Autogrammjäger.“1 „Abseits vom Fußballplatz, bei den Autogrammstunden in großen Städten, auf Plätzen, in Kaufhäusern, habe ich gemerkt, wie dankbar die Menschen sind.“3 „Die Zuschauer haben zurückgebrüllt, sie haben mich zum Teufel gewünscht.“3 „Von mir sagt man, ich sei so perfekt, dass die Leute mich deshalb nicht mögen.“3 „Allzu leicht kommt man in den Geruch von Größenwahn, von Überspanntheit.“2 „Aber ich verstehe das Publikum immer besser.“3 „An sich mache ich mir nichts aus der Regung des Publikums.“2 „Ich habe gemerkt, dass die Leute sich heutzutage nichts vormachen lassen wollen, sie sind kritischer geworden.“3 „Ich spreche keinem zahlenden Zuschauer das Recht ab, nicht sein Missfallen äußern zu dürfen.“2 „Ich höre wildfremde Menschen meinen Namen rufen.“1 „Ich war ja nie so einer, nach dem sie geschrien haben.“3 „Auf fremden Plätzen schlägt uns ein Gemisch aus Bewunderung, Furcht und Ablehnung entgegen. ‚Heute kriegst du eins drauf, Kaiser Franz.‘“3 „Ich finde das nicht schön, ich verabscheue es, ich habe mich sogar darüber aufgeregt, aber ich verstehe die Zuschauer. Ich wäre vielleicht auch so einer geworden.“3

Ich und mein Beruf

„Fußball schien mir eine große Sache zu sein, und ich wäre sehr enttäuscht gewesen, hätte ich nicht dabei sein können.“3 „In finanziellen Angelegenheiten will ich immer vorher alles geregelt wissen.“2 „Mein Hauptberuf ist der Fußball. Dafür lebe ich.“1 „Schließlich sind wir Fußballer ja keine Ware, die man wie ein Stück Stoff auf dem Ladentisch verkauft.“2 „Oft wird behauptet, wir würden unsere Ballkunst nur für Geld demonstrieren.“1 „In diesem Beruf muss man Geld verdienen.“1 „Aber die meisten von uns würden auch spielen, wenn wir keinen Pfennig dafür bekämen.“1 „Gehalt und Prämien sind das Fleisch, das wir nicht verachten. Wir sind ja keine Vegetarier!“3 „Wir, zweiundzwanzig junge, durchtrainierte Männer, dachten mehr an Geld als an Frauen.“3 „Weltstar zu sein ist zwar ein einbringlicher, aber höchst anstrengender und manchmal quälender Beruf.“3 „In welchem anderen Beruf muss man sich schon bis zu zweimal in der Woche bestätigen?“3 „Bundesligaspieler haben eine Siebentagewoche.“3 „Wenn ich wieder zu Hause bin, spiele ich nie wieder Fußball und mache ein Obstgeschäft auf.“3

Ich und der Sozialismus

„Unsere Fußballindustrie weist längst alle depressionsauslösenden Erscheinungen der Arbeitswelt auf. Sie ist angefüllt mit Überdruss und Urlaubsbedürfnis, voll vom Kampf um Löhne und Arbeitszeit.“3 „Die sozialistischen Staaten sind uns in diesem Punkt voraus.“3 „Als wir dann in Magdeburg zum Abendbrot nicht in den Speisesaal des Hotels gingen, sondern in den Bus, um dort zu essen, fühlte sich die Hotelleitung gekränkt.“3 „Die Niederlage gegen die DDR nahm ich zum Anlass, den Eid in der Kabine vor jedem Länderspiel ein für allemal abzuschaffen.“3 „So muss es während der Französischen Revolution oder unter Lenin zugegangen sein.“3

Ich und die Presse

„Ob ich nervös gewesen wäre, wollten die Reporter wissen.“1 „Ich war damals richtig stolz und kaufte mir am nächsten Tag sämtliche Zeitungen, die ich auftreiben konnte.“1 „Am nächsten Tag sagte ich zu meiner Frau: ‚Schau mal in die Zeitung, was sie schreiben.‘“2 „Eine schlechte Presse ist immer noch besser als gar keine.“3 „Bis heute habe ich kein Fernsehinterview mehr gegeben, ohne vorher bei der Mannschaftsleitung die Erlaubnis eingeholt zu haben.“3

Ich und das Fairplay

„Wie die Südamerikaner meine Kameraden zusammentraten, war schon fast kriminell.“1 „Ich würde mich schämen, wenn ich das jemals machen würde.“1 „Aber wenn mich ein gegnerischer Spieler so zwei-, dreimal umlaufen hat und ich Gefahr laufe, vor dem Publikum lächerlich gemacht zu werden, da mach ich halt doch auch schon mal ein ‚langes Bein‘.“2 „Aber wir trafen auch Gegner, die trotz des hohen Einsatzes anständig spielten und verloren.“1 „‚Scheiße‘, brüllte ich und warf meine Schuhe in die Ecke.“3

Ich über mich

„Ich bin nicht nur ein Phlegmatiker, sondern auch ein ziemlich nüchterner Zeitgenosse. Große Worte liegen mir nicht.“3 „Und so habe ich mir im Laufe der Jahre das Schreien angewöhnt.“3 „Vielleicht bin ich auch obrigkeitshörig.“3 „Ich habe immer meine Meinung sagen können, und sie hat niemandem geschadet.“3 „Einer wie ich? Ist so etwas wiederholbar?“3

Alle Zitate aus diesen fünf Autobiografien

1 Dirigent im Mittelfeld, München (Copress) 1966

2 Gentleman am Ball, Rosenheim (Komar) 1969

3 Einer wie ich, München (Bertelsmann) 1981

4 Meine Gegner – Meine Freunde, Hamburg (Rasch und Röhring) 1987

5 Ich. Wie es wirklich war, München (Bertelsmann) 1992

Kommentare

2 Kommentare zu “Ich über mich (die Kaiser-Festwoche, Part 1)”

  1. kraussblog » Blog Archive » kaisers geburtstag am 09.08.08 14:28

    […] Nine-Eleven, wie die Amerikaner sagen, ist bekanntlich nicht nur Adornos, sondern auch und vor allem Kaisers Geburtstag: Franz Beckenbauer wird 63 Jahre alt. Da ist die Republik zu Recht gerührt. Daher findet auf sportswire.de eine Kaiser-Woche statt, wo ich, unter Rückgriff auf einen Text, den ich vor drei Jahren zu des Kaisers Sechzigstem in Rund und kurze Zeit gekürzt auch in der taz veröffentlicht hatte, den Kaiser sich selbst gratulieren lasse: Ich über mich.  […]

  2. probek am 09.08.08 15:53

    [OT] WP-Footnotes.

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