Humus und Tore

von Martin Krauss

Ein israelischer Fußballverein macht auf sich aufmerksam. Niederklassig zwar und auch ohne Lothar Matthäus auflaufend, aber doch mit Medienpräsenz: Der FC Hapoel Abu Gosch/Mevasseret Zion ist ein jüdisch-arabischer Fußballklub. Auf Einladung des Zentralrats der Juden war die A-Jugend auf Deutschlandbesuch – sogar mit sportlichem Erfolg. 

Sogar mit einem eigenen Fanblock waren die Gäste angereist. Als Ende Mai auf der Julius-Hirsch-Anlage des TuS Makkabi im Berliner Eichkamp die Jugendfußballer des FC Hapoel Abu Gosch/Mevasseret Zion aufliefen, saßen drei weibliche Teenager am Spielfeldrand und feuerten das aus arabischen und jüdischen Israelis bestehende Team an. „Die haben sich im Hostel kennengelernt“, erklärte Eldad Hayet, der Jugendkoordinator des Teams.

Die neu gewonnenen Fans kamen auf ihre Kosten, denn ihre Helden aus Israel gewannen deutlich mit 6:3 (3:0) über die A-Jugend des Berliner TuS Makkabi. Schon nach wenigen Minuten führten die israelischen Gäste, und die Makkabi-Abwehr wurde stellenweise schwindelig gespielt.

Am Tag zuvor war das erste geplante Freundschaftsspiel dieses besonderen Fußballvereins bei seinem Besuch in Berlin – es sollte gegen die A-Jugend von Hertha BSC Berlin gehen – wegen einer Unwetterwarnung abgesagt worden. Doch an diesem Mittwoch konnte sich der Gastgeber, der Zentralrat der Juden in Deutschland, über bestes Wetter freuen, und die Israelis, neun Juden und sieben Araber, waren in bester Spiellaune.

Etwa 30 Zuschauer hatten sich auf dem Vereinsgelände des TuS Makkabi eingefunden. Auch Gerd Liesegang, Vizepräsident des Berliner Fußballverbandes, war da. „Man hat mich angerufen und gefragt, ob ich Lust dazu hätte, mir dieses Spiel anzuschauen“, sagte Liesegang, „da habe ich natürlich zugesagt.“

Besonderen Spaß an dem Spiel hatte Alon Liel, 60, einer der zwei Präsidenten des israelischen Klubs. „Hier spielt ja nicht nur ein israelischer gegen einen deutschen Verein“, erklärte der frühere Diplomat grinsend: „Das ist ja auch ein Duell zwischen Hapoel und Makkabi, also zwischen dem Sportverband der ärmeren Leute und dem der Aristokraten.“

Liels Partner im Präsidentenamt, der arabische Bauunternehmer Muhamad Jaber, 46, übernahm da den eher staatsmännischen Job der Repräsentation. Dass es nicht leicht war, den Klub in Israel zu etablieren, berichtete er. „Es gab zwar viel Kritik, aber die war nicht ideologisch“, führte er aus. „Vielmehr gab es damals in Abu Gosch noch einen anderen Fußballverein, und der hatte Sorgen, dass er verdrängt würde.“ Aber letztlich setzte sich Liels und Jabers Idee eines gemeinsamen jüdisch-arabischen Fußballvereins durch. „Drei Jugendmannschaften haben wir schon“, sagte Jaber. „Nur Mädchenfußball bieten wir nicht an, das hat noch nicht geklappt.“ Immerhin, die erste Mannschaft der Herren kickt in der dritten israelischen Liga. Ein Aufstieg in die zweite Liga steht auf dem Plan.

Seit sechs Jahren gibt es den Klub mit dem sperrig langen Namen: FC Hapoel Abu Gosch/Mevasseret Zion. Abu Gosch ist ein arabisches Dorf im israelischen Kernland. Etwa 10.000 Menschen leben hier. „Wir sind gute Nachbarn, seit jeher“, sagt Muhamad Jaber, „auch was den Fußball angeht.“ Mevasseret Zion ist eine benachbarte Kleinstadt, etwa 30.000 Einwohner hat sie, und sie liegt unmittelbar vor Jerusalem. Das Konzept des Klubs lautet: Kein jüdischer Klub, in dem auch Araber mitspielen dürfen. Und kein arabischer Klub, in dem auch Juden mitmachen dürfen. Vielmehr sind alle Vorstandspositionen doppelt besetzt: Auch der Job des Präsidenten ist gleichberechtigt an Jaber und Liel vergeben.

Der Anpfiff des Spiels in Berlin war bewusst so gelegt worden, dass sich anschließend Israelis und Deutsche gemeinsam im Klubheim des TuS Makkabi das Champions-League-Finale zwischen dem FC Barcelona und Manchester United anschauen konnten. Dazu gab es nicht nur Würstchen, Salat und Pommes frites, sondern gerade die arabischen Gäste wunderten sich auch darüber, dass ihnen Berliner Humus gereicht wurde. Aber obwohl sich das arabische Dorf Abu Gosch rühmt, den besten Humus in ganz Israel herzustellen, blieb vom Berliner Kichererbsenbrei kaum etwas übrig. Auch dank der neuen weiblichen Fans.

Am nächsten Tag flogen die Israelis von Berlin nach Köln-Bonn, wo sie in der Stadt Sankt Augustin am traditionellen Pfingstturnier des VfR Hangelar teilnahmen. Sankt Augustin ist die Partnerstadt von Mevasseret Zion, und ein sehr rühriger Freundeskreis organisiert oft Jugendbegegnungen. Ein Freundschaftsspiel gegen den SV Menden gewannen die Israelis mit 2:1.

Kommentare

1 Kommentar zu “Humus und Tore”

  1. melisarit am 06.06.09 13:53

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