Huch, Doping im Radsport?!

von Elke Wittich

So nicht, Riccardo Riccò: Wenn man der neue Pantani sein möchte, sollte man sich wenigstens nicht am Anfang seiner Karriere erwischen lassen.

Ansonsten steht nur wenige Viertelstunden nach des Bekanntgabe des neuesten Dopingfalles wieder einmal nur alles fest: Weit empörender als das Doping an sich ist die widerliche Heuchelei, die in den meisten Kommentaren vorherrscht.

Wenn alles auch nur halbwegs so läuft wie im letzten Jahr, wird diese ekelhafte Heuchelei ganz bald noch mit blauäugigem Verniedlichungswahn und null Ahnung vom Leistungssport sowie einem massiv kitschigen Tour-Bild abgerundet.

Im letzten Jahr traf diese rundum abscheuliche Mischung den belgischen Radprofi Wim Vansevenant. Der 36-Jährige, der in den 13 Jahren, die seine Profikarriere nun schon dauert, bis auf einen Etappensieg bei der Tour de Vaucluse keine großen Erfolge zu verzeichnen hat, war souveräner Letzter bei der Tour de France. Wie bereits 2006, was Vansenvant nicht stört, denn er ist das, was man einen mannschaftsdienlichen Fahrer nennt, ohne Fahrer wie ihn wären die Topsprinter bei den Massenankünften und die Bergspezzialisten bei den langen Aufstiegen komplett auf sich allein gestellt. Vansevant gilt als so ein zuverlässiger Fahrer, seine Spezialitätist es, den Sprint anzuziehen, im letzten Jahr gewann Robby McEwan auch dank seiner Hilfe das Grüne Trikot.

Das alles hätte soweit auch jedem einzelnen Sportjournalisten bekannt sein müssen, weswegen es keine Entschuldigung für das gibt, was sich bei der letzten Tour plötzlich wie ein Irrsinns-Virus auf den internationalen Kommentarspalten ausbreitete:
Nach etlichen Dopingskandalen in den ersten Tagen der Rundfahrt erklärte die französische Tageszeitung Liberation, nunmehr nur noch den Letztplatzierten zu bejubeln. Andere Medien griffen die Idee auf und schließlich wurde der – nicht unbedingt ironische – Vorschlag gemacht, einfach den Letztplatzierten zum Sieger zu erklären, schließlich könne der angesichts solch schlechter Leistungen nicht gedopt sein.

Vansenvant als Träger der Roten Laterne wurde also ständig interviewt und zum angeblich sauberen Vorzeigeradler. Obwohl ein mannschaftsdienlicher Fahrer wie er genau so auf den Punkt fit sein muss wie der Star, zu dessen Unterstützung er eingekauft wurde – wieso ausgewachsene Sportjournalisten anscheinend immer noch glauben, dass jemand nicht aus purem taktischem Kalkül, sondern nur, weil er so lustig hinterherfahren kann, ani der Tour de France teilnehmen darf, ist vollkommen unklar.

Ob Vansenvant jemals gedopt hat spielt dabei keine Rolle, wer ganz hinten mitfährt, läuft einfach weit weniger Gefahr, zum Dopingtest ausgelost zu werden als Etappensieger und Führende.

Kommentare

2 Kommentare zu “Huch, Doping im Radsport?!”

  1. sauzwerg am 07.18.08 14:28

    Langweilig sind die Kommentare, die aus exakt zwei Schubladen zu stammen scheinen und da auch schon seit vielen Jahren vorproduziert bereit liegen könnten.

    a. der dritte positiv erwischte Fahrer, alle sind gedopt, wer sich das noch ansieht ist selber schuld, wir jedenfalls sind entrüstet und übertragen morgen wieder ab 13.15.

    alternativ:
    a. der dritte positiv erwischte Fahrer, alle sind gedopt, wer sich das noch ansieht ist selber schuld, wir jedenfalls sind entrüstet steigen als moralische Instanz hiermit aus, bitte ergänzen sie unser Image durch “moralisch integer”, wir machen erst nächstes Jahr mit viel Tamtam wieder mit um dann ein weiteres mal um so entrüsteter sein zu können.

    b. der dritte positiv erwischte Fahrer, ein Zeichen für die totale Erneuerung des Radsports, jetzt fliegt raus was gedopt ist, ein moralische Sieg, hurra hurra!

    Damit dürfte eigentlich alles gesagt sein, was in den Kommentaren bis zum Ende der Tour in immer gleichen und doch umgestellten Worten und mit unterschiedlichen Aggregatzuständen der Entrüstung zu lesen sein wird.
    Nach dieser Tour übrigens bitte nicht wegwerfen, man wird sie die nächsten Jahre beinahe unverändert immer wieder hervorholen können und sogar der Moderator kann seinen vorproduziert betroffenen Gesichtsaudruck wiederverwenden, der so in etwa auch immer zum Einsatz kommt, wenn von einem zusammengeschlagenen Ausländer oder einer Niederlage von Bayern München in der Champions League zu berichten ist.

    Mit einigen kleinen redaktionellen Änderungen funktioniert derselbe Sums übrigens auch bei den Olympischen Spielen, nur darf da wegen der wirtschaftlichen Interessen von Bundesrepublik und Fernsehsendern bitte auf keinen Fall etwas von zusammengeschlagenen Regimekritikern oder Tibetern geredet werden, nicht einmal mit Betroffenheitsgesicht #012a.

    Manche Kommentare verpuffen einfach in beliebiger Fluffigkeit.

  2. SportsWire aktuell | Gameproject Blog am 07.20.08 19:51

    […] Große Überraschung: Im Radsport wird gedopt […]

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