Fünf deutsche Meisterschaften, drei Pokalsiege und ein Europacup-Triumph: Wolfgang Schwenke gehört zu den erfolgreichsten deutschen Handballern. Und spricht im Interview über Erfolge, seine badische Phase und warum er es nicht schlimm findet, demnächst einen neuen Verein zu suchen

Kuriosum am Rande: Als gebürtiger Flensburger feierte er all diese Erfolge mit dem THW Kiel. Heute ist das Vergangenheit für den 39-Jährigen. Seit September vergangenen Jahres trainiert der 53-malige Nationalspieler die Rhein-Neckar Löwen. Und das mit Erfolg: In der Champions League und im nationalen Pokal steht das Team im Halbfinale, in der Meisterschaft liegt es seit dem Erfolg gegen den HSV Hamburg am Dienstagabend wieder voll auf Champions-League-Kurs.

Seit Dienstagabend sind die Rhein-Neckar Löwen wieder ein ganz heißer Kandidat für die Champions League. Sieht ganz so aus, als könnte Sie eine schon verkorkste Saison zum Ende doch noch retten.
Schwenke: Natürlich. Wir sind zu Beginn der Spielzeit nicht gut gestartet. Doch ich habe nach meinem Amtsantritt den Leuten versucht zu vermitteln, wieder Spaß an der Sache zu haben. Ganz offensichtlich scheint es zu funktionieren.

In der Champions League stehen Sie im Halbfinale. Und auch im nationalen Pokalwettbewerb haben Sie das Final Four erreicht. Das sieht alles andere als schlecht aus?
Schwenke: Darüber freue ich mich riesig. Das Final Four kenne ich sogar noch als Spieler. Und das Halbfinale in der Champions League ist insofern ein schöner Erfolg, weil viele Kritiker schon vorher unkten, dass wir nicht einmal die Vorrunde überstehen werden. Es sah ja auch lange nicht gut aus. Aber wir haben den Kopf eben nicht in den Sand gesteckt, sondern zielorierntiert gearbeitet. Wir sind lange Zeit immer gegen einen Knoten gelaufen, der dann plötzlich aufgegangen ist. Seitdem läuft es rund. Wenn man gesehen hat, wie wir im Viertelfinale Chambery aus der Halle gefegt haben, dann freut einen das ungemein.

Was haben Sie denn mit der Mannschaft gemacht?
Schwenke: Ich habe zu Beginn – ganz im Sinne einer blöden Phrase – mit dem Team nur von Spiel zu Spiel geschaut. Ich wollte damit ein wenig Druck von der Mannschaft nehmen, um den Spaßfaktor wiederzufinden. Darüber hinaus haben wir alle Pausen genutzt, um sowohl im physischen als auch im taktischen Bereich zu arbeiten. Ich vertrete die Philosophie, dass sich alle Spieler im Team wohlfühlen sollen. Ich vertraue dieser Mannschaft, und die Spieler vertrauen mir. So haben wir eine Ruheinsel in all der Hektik rund um das Team gefunden.

Vor allem haben Sie aus einer Ansammlung von guten Handballern eine Mannschaft geformt.
Schwenke: Ich war schon als Spieler ein Teamplayer. Das habe ich an meine Spieler weitergegeben. Wir haben nun ein funktionierendes gebundenes Spiel, bei dem jeder weiß, was zu tun ist, die aber jedem immer noch Freiraum für individuelle Entscheidungen offen lässt. In diesem System blühen viele einzelne Spieler richtig auf. Wir spielen gerade im Angriff diszipliniert, ohne Hektik und fast immer mit der richtigen Entscheidung.

Der Dank dafür – böse formuliert – ist der, dass Sie sich zum Saisonende einen neuen Arbeitgeber suchen dürfen.
Schwenke: Das sehe ich nicht so böse wie Sie. Eigentlich möchte ich mich dazu gar nicht äußern. Ich sehe mich in dieser ganzen Geschichte als ein Mosaiksteinchen. Ich bin lediglich ein Teil dieser Mannschaft, ich möchte viel Spaß an meiner Arbeit haben. Und alles andere wird man dann sehen

Gibt es schon heiße Kandidaten?
Schwenke: Wie gesagt: Ich möchte mich dazu nicht äußern. Irgendwann werde ich eine Entscheidung treffen und die dann auch kundtun.

Immerhin dürfen Sie zum Ende Ihrer – nennen wir es einmal – badischen Phase noch mit einem Weltstar wie Jackson Richardson arbeiten. Ist doch toll, oder?
Schwenke: Das ist klasse. Ich habe ja selbst noch gegen ihn gespielt bei der WM 1995 auf Island – übrigens in der Vorrunde gewonnen, danach im Halbfinale verloren. Dass der Handball spielen kann, weiß jeder. Der hat ja selten von großer Körperlichkeit, sondern vielmehr von seiner Technik gelebt. Und so etwa verlernt man doch nicht, nur weil man ein, zwei Jahre nicht mehr gespielt hat.

Ist der 39-jährige Franzose denn tatsächlich eine Verstärkung oder lediglich ein Marketing-Trick?
Schwenke: Ganz sicher nicht. Wir waren interessiert, jemanden zu finden, der nicht nur den Kader auffüllt, sondern dem Team wirklich helfen kann. Ob das gelingt, kann man doch nicht nach zwei Einsatzminuten gegen den HSV beurteilen. Richardson war erst einen Tag zuvor aus den USA wiedergekommen. Zudem bestand keine Not, ihn sofort ins Feuer zu werfen. Das ist ein Bauchhandballer mit einem Riesen-Erfahrungsschatz. So einen braucht man. Er kann und wird uns sicher noch weiterhelfen.

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