Kein einfaches Geschäft, das Horst Bredemeier in der ostwestfälischen Provinz da betreibt. Mit viel Fleiß und Hingabe schaffen er und seine Mitstreiter es Jahr für Jahr, einen Etat zusammen zu bekommen, um damit eine weitere Erstligasaison zu bestreiten. Bredemaier über Schuldentilgung, Schritt halten und Ziele…

Dem Mann, den alle nur Hotti nennen und der zudem noch den Posten des DHB-Vizepräsidenten Leistungssport bekleidet, gelingt es darüber hinaus seit vielen Jahren, Schritt für Schritt die Altlasten des einst hoch verschuldeten Klubs zu tilgen. Wie das geht, darüber redete der 56-jährige Bundesliga-Manager im ausführlichen Gespräch.

Nach diversen Zitterspielzeiten sieht es in diesem Jahr so aus, als sollte den Mindenern der Klassenverbleib vorzeitig gelingen.

Bredemeier: Es deutet vieles darauf hin, wobei wir natürlich von der Insolvenz des TUSEM und der Schwäche von Stralsund profitieren. In dem Pulk der fünf, sechs dann folgenden Mannschaften ist vieles ausgeglichen. Da spielen wir gegenwärtig schon eine gute Rolle.

Wo liegen die Gründe?

Bredemeier: Wir hatten sicher ein äußerst glückliches Händchen in Fragen der Personalpolitik. Wir konnten nach der EM im vergangenen Jahr Michael Haaß von den Rhein-Neckar Löwen loseisen, der uns übrigens leider in Richtung Göppingen wieder verlassen wird.
Und wir konnten für ein halbes Jahr Frank von Behren verpflichten, der der Mannschaft im Abstiegskampf der vergangenen Saison viel Stabilität verliehen hatte. Wir haben den Abgang von Arne Niemeyer mit der Verpflichtung von Michael Hegemann kompensieren können und konnten mit Svenn-Eric Medhus einen norwegischen Nationaltorwart verpflichten.
Klar, wir haben uns sicher stabilisiert. Aber es hätte sogar noch besser laufen können.

Wie denn?

Bredemeier: Wir haben zum Beispiel in Essen verloren, als die noch mit vollem Orchester spielten. Und weil der erste Rückrundenspieltag noch im Dezember stattfand, spielten wir gegen Nordhorn, als Mamelund, Kukucka und vor allem Glandorf noch nicht weg waren. Wir müssen in dieser Spielzeit gleich dreimal gegen Holger Glandorf spielen. Darüber sind wir ein wenig unglücklich.

Dennoch scheint es seit vielen Jahren Programm zu sein, den Etat nach den Realitäten auszurichten und nicht den Erfolg um jeden Preis zu erreichen.

Bredemeier: Realistisch wirtschaften heißt für mich, elfeinhalb Monate abgesichert zu haben. Da bleibt immer ein kleines Risiko. Und wenn wir einmal keine schwarze Null schreiben, helfen uns unsere Gesellschafter. Wir müssen in jeder Saison rund 100.000 Euro in Zins und Tilgung unserer Altlasten stecken. Zudem fließt viel Geld in den Nachwuchs. Das ist aber auch wichtig, weil das unsere Basis ist. Zurzeit haben wir schon wieder je zwei aktuelle Junioren- und Jugend-Nationalspieler.

Mit vielen Talenten aus dem eigenen Nachwuchs und mit diversen anderen deutschen Spielern ist GWD tatsächlich auch so etwas wie eine große Identifikation mit der Mannschaft gelungen.

Bredemeier: Natürlich schafft das Identifikation. Wir haben mit Jan-Fiete Buschmann, Moritz Schäpsmeier und Andreas Simon einige Leute in der Profimannschaft, die bei uns groß geworden sind. Und Frank von Behren ist zunächst einmal für zwei Jahre bei uns ins Management eingestiegen. Er hat übrigens eine Imagekampagne unter dem Motto Grünes Blut ins Leben gerufen, die an die Leidenschaft der Spieler und der Fans appelliert.
Wir können zwar keinen Kampf um Europacup-Plätze bieten, aber der Kampf um den Klassenverbleib, der sich oft erst am letzten Spieltag entscheidet, bietet Spannung pur. Dazu kommen viele Spiele gegen Spitzenteams wie Kiel, Lemgo oder Hamburg und ab der kommenden Saison wohl wieder die Lokalderbys gegen TuS N-Lübbecke. Das ist ein ordentliches Paket.

Welche Rolle spielt der Trainer Richard Ratka in diesem Konzept?

Bredemeier: Ratka steht für klares Arbeiten und eine hohe Einsatzbereitschaft. Er ist akribisch, genau und bodenständig, weshalb er gut ins ostwestfälische Umfeld passt. Vom Typ her ist er alles andere als ein Paradiesvogel.

Welche Perspektiven bieten sich dem Klub, wenn die Altlasten endlich abgetragen sein werden?

Bredemeier: Die Altlasten sind ja nicht so dramatisch. Deshalb wird es danach auch nicht gleich so viel besser werden. Wir wollen uns einfach Platz für Platz verbessern.
Ich bin seit 1997 in Minden. Ich sehe, wer in dieser Zeit alles seine Lizenz verloren hat – und wir sind immer noch dabei. Wir versuchen, in der 1. Liga zu bleiben, aber das ist ein täglicher Überlebenskampf. Wir stecken uns realistische Ziele und wissen, dass es Rückschläge geben kann.

Ist es auch nur ansatzweise realistisch, dass GWD irgendwann wieder dahin gelangt, wo der Klub schon vor rund drei Jahrzehnten war?

Bredemeier: Das kann man nicht vergleichen. Damals, das war Handball ohne Geld. Die Mindener Spieler kamen aus Minden. Und wenn einer 100 Kilometer anreisen musste, dann tat er das für Benzingeld.
Die Vereine, die heute eine Stufe über uns stehen, haben einen rund eine Million höheren Etat. Diese Million, die ja gleichbedeutend mit vier Spitzenspielern ist, musst du aber erst einmal zusammenbekommen. Und dann bist du noch lange nicht da, wo sich Kiel, Hamburg oder die Rhein-Neckar Löwen befinden. Das ist aber in Ordnung so. Weh tut es der Liga nur, wenn Vereine anfangen, auf einem nicht mehr zu verantwortenden Level zu zocken. Eigentlich sollte man nur das Geld ausgeben, das auch da ist. Aber das gelingt auch mir nicht immer.

Schon mal über eine Fusion mit dem TuS N-Lübbecke nachgedacht?

Bredemeier: Denkbar ist zunächst einmal alles. Immerhin hätten wir, wenn man beide Etats addierte, eine Wirtschaftskraft von rund fünf Millionen Euro. Aber das ist ein wirklich heikles Thema und wird zurzeit nicht diskutiert.

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