Grantig auf dem Grandplatz

von Sebastian Elbe

Auf den ersten Blick scheint der Gelsenkirchener Ortsteil Schaffrath völlig unverdächtig, dass von hier eine revolutionäre Kraft ausgeht. Gelsenkirchen ist Schalke-Land und das Blut, das den Leuten hier durch die Adern fließt, ist Königsblau. Auch das Blut von Reiner Grundmann, dem 1. Vorsitzenden des an Ort und Stelle beheimateten Kreisligisten FC Schaffrath. Doch nicht nur seine Schalker, sondern auch DFB und DFL erregen bei ihm und seinen Kreisliga-Kollegen derzeit heftigen Unmut.

Im gesicherten Mittelfeld hat man die Hinrunde in der Kreisliga A 1 abgeschlossen. Auf Grand. Keine drei Kilometer Luftline entfernt befindet sich auch ein Fußballplatz, ein modernerer, mit Rasenfläche – und Platz für fast 62.000 Zuschauer. Einer, den man bei Bedarf auch durch die Gegend fahren kann, heraus aus der multimodernen Schalker Veltins Arena. Von dort, aus einer Straße mit der traditionsschwangeren Benennung Ernst-Kuzorra-Weg 1, machte sich am Montag dieser Woche hoher Besuch auf den Weg zu Herrn Grundmann und seinen Mitstreitern aus der Kreisliga: Peter Peters, Schalke-Geschäftsführer und DFL-Vize, besuchte den Kreisliga-Staffeltag des Fußballkreises Gelsenkirchen.

Eine gute Gelegenheit eigentlich, sich mal aus erster Hand über die schlagzeilenträchtigen Entwicklungen rund um den FC Schalke aufklären zu lassen. Der Grund für Herrn Peters´ Besuch war aber die Tatsache, dass gerade auch andere Vereine aus Gelsenkirchen Schlagzeilen machen. Der SC Schaffrath mit Herrn Grundmann zum Beispiel oder der SSV Buer mit seinem Vereinschef Norbert Bauer. Grundmann wie auch Bauer sind nämlich die Initiatoren eines Protestes gegen den neuen Rechtevertrag, den die DFL Ende letzten Jahres abgeschlossen hat. Bestandteil dieses Vertrages ist unter anderem, dass es ab nächster Saison ein Sonntaggsspiel der 1. Bundesliga um 15.30 Uhr geben soll. “Wenn Schalke am Sonntagnachmittag spielt, brauche ich die Anlage bei uns gar nicht mehr aufzumachen. Da kommt kein Mensch.”, weiß Bauer jetzt schon zu prophezeien. Erfahrungswerte mit dieser Situation gibt es schon: “Normalerweise haben wir um die 80 Zuschauer. Es waren aber auch schon mal nur fünf da. Schalke hat parallel gespielt.”, erzählt Grundmann.

Das es so nicht weitergehen kann, ist beiden letztes Jahr im Dezember klar geworden. Da hatte man sich getroffen und beschlossen, dass nun endgültig etwas passieren muss. Die Boykott-Idee wurde geboren. Am 1. März, zum ersten Spieltag des neuen Kreisliga-Jahres, sollen alle Vereine den Sportplätzen fernbleiben. Eine gemeinsame Demonstration an einem zentralen Ort ist als Alternative angedacht. Und diese Idee findet mittlerweile immer mehr Unterstützer. Auf dem Staffeltag wurde unter allen Clubs abgestimmt, über 70% der anwesenden 54 Vereine stimmten für einen Boykott. Nur ein Verein lehnte kategorisch ab, die Übrigen zeigten sich unentschlossen. Da soll noch Überzeugungsarbeit geleistet werden. Keine gute Bilanz für Peter Peters, dessen Argumente anscheinend nicht die Früchte trugen, die er sich erhofft hatte. Auch die angedrohte Strafe von 100 Euro, die laut Verbandssatzung für einen Nichtantritt anfallen, haben viele Vereinsvertreter nicht davon abgehalten, sich klar gegen die DFL-Pläne zu stellen. Von der örtlichen DFB-Vertretung ist indes mit keinerlei Unterstützung zu rechnen: Hermann Korfmacher, Präsident des Fußball- und Leichtathletik-Verbands Westfalen (FLVW), hält den Boykott für ein falsches Zeichen, dass den Vereinen eher schade. Mehr noch: Für den Funktionär scheint Meinungsfreiheit ein Fremdwort zu sein: “Ich rate den Vereinen auf jeder Veranstaltung an der ich teilnehme oder zu der ich einlade, den Sachverhalt zu akzeptieren und sich damit zu arrangieren. Was anderes können sie nicht tun, es gibt keine Möglichkeit, daran zu rütteln.”, hat er unlängst Reviersport in den Block diktiert.

Reiner Grundmanns Begeisterung über den DFB hält sich eh in Grenzen: “Teilweise überschreiten die Schiedsrichterkosten jetzt schon unsere Einnahmen, mal ganz abgesehen von saftigen Erhöhungen der Verbandsabgaben, die wir auch schon tragen müssen.” Aber unabhängig von den Finanzen steht für ihn noch ein anderer Punkt im Vordergrund: “Wir leisten hier mit unserem ehrenamtlichen Engagement ja auch einen wichtigen Beitrag für die Gemeinschaft. Wir sorgen dafür, das junge Menschen sich bewegen, ein Gruppengefühl bekommen und Verantwortungsbewußtsein lernen.” Genau das möchte Grundmann mehr gewürdigt wissen, es gibt auch noch Fußball abseits des Multimillionengeschäfts Bundesliga.

Wer sich mit dem Chef des SC Schaffrath länger unterhält, der merkt schnell, dass es ihm nicht darum geht, den ein oder anderen Euro mehr herauszuschlagen. Grundmann möchte, dass die Leute auf den Fußballplatz kommen können und die Mannschaften seines Vereins unterstützen. Und er möchte, dass sich seine Spieler – größtenteils Besitzer einer Schalke-Jahreskarte – nicht zerreißen müssen, wenn der Bundesligist aus der Nachbarschaft zeitgleich zum eigenen Spiel antritt. Das unterstreicht er so überzeugend, dass man sich sicher sein kann, demnächst wieder Schlagzeilen aus Gelsenkirchen zu lesen. Nicht nur über den FC Schalke.

Kommentare

1 Kommentar zu “Grantig auf dem Grandplatz”

  1. Grantig auf dem Grandplatz | calcioxtutti am 02.11.09 22:21

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