Ein Eisbär namens Dani

von Elke Wittich

Dani Goldstein ist Pressesprecher der Berliner Eisbären. Und Enkel eines berühmten jüdischen Widerstandskämpfers.

Wenn der Eishockeyverein Eisbären Berlin seine Deutschen Meisterschaften zelebriert, ist unter den Feiernden auch der Enkel des bekanntesten deutschen jüdischen Widerstandskämpfers gegen das Naziregime. Allerdings nicht nur als Fan: Daniel, kurz Dani genannt, Goldstein ist Pressesprecher des Vereins, der in der DDR unter dem Namen Dynamo Serienmeister war und seit der Wende in der höchsten Eishockeyliga des Landes mitspielt.
Seine Liebe zum Kufensport hatte der 32-Jährige schon als kleiner Junge entdeckt. 1985 nahm ihn seine Mutter mit zu einem Europapokalspiel der Dynamos, und beiden gefiel die Sportart sehr, „obwohl sie eigentlich viel zu schnell für unser Augen war, wir sind immer aufgesprungen und haben gejubrelt, obwohl der Puck gar nicht im Tor war – es dauert einfach, bis man sich an die Geschwindigkeit des Eishockeys gewöhnt hat“, lacht Dani Goldstein rückblickend.
Bis zum Pressesprecher war es dann aber noch ein „weiterWeg“, der zunächst von der Fankurve ausging. Goldstein fing als Jugendlicher an, auf einer Fanpage im Internet Spielberichte zu schreiben, übernahm dann die Betreuung der Internetseite der Eisbären und begann zusätzlich damit, für den Berliner Rundfunk kurze Liveberichte zu machen. Im Jahr 2004 kamen Spiel-Übertragungen im Internet dazu, und als dann vor zwei Jahren ein neuer Pressesprecher für den Verein gesucht wurde, fiel die Wahl selbstverständlich auf das mediale Multitalent.
Das Studium, Goldstein hatte ursprünglich Sport- und Politikwissenschaften studiert, war zu diesem Zeitpunkt schon abgebrochen worden, auch aus Zeitmangel, denn „der Einsatz ist schon sehr hoch“, gibt Goldstein zu. „Durch die Doppelspieltage ist man in der Saison auch an den Wochenenden ständig unterwegs.“
Freundin Anne sei zwar „sehr verständnisvoll, aber ich möchte natürlich auch gern Zeit mit der Familie, vor allem mit der kleinen Tochter Lilith, verbringen.“ Trotzdem: „Das ist schon ein Traumjob, auch, weil man eben so viel journalistisch arbeiten kann.“
Doch, sagt Goldstein nach einigem Nachdenken, er glaube schon, dass sein Opa stolz auf ihn wäre. „Wir haben zwar nie so viel über die Arbeit gesprochen, aber er hat doch interessiert meine Eishockey-Texte gelesen. Und er war durchaus stolz, wenn ihm jemand erzählte, dass er mich im Radio gehört habe.“
Gleichzeitig sorgte sich Kurt Goldstein um die Zukunft des Enkels, schließlich wusste er um die Schweirigkeiten, mit denen die sozial nicht abgesicherten freien Journalisten kämpfen müssen. „Er sagte oft, dass ich doch aufpassen solle, nicht am Ende ohne Anstellungsverhältnis und damit ohne Sicherheiten dazustehen.“
Wie aber war es, als Enkel eines prominenten jüdischen Kämpfers gegen die Nazis aufzuwachsen? Das Engagement des Großvaters, der Ehrenvorsitzender des Internationalen Auschwitz-Kommittees und des VVN war, gehörte für Goldstein immer ganz selbstverständlich dazu. „Ich kann mich erinnern, wie ich als Dreijähriger mit Opa im Ostsee-Urlaub am Strand entlangspaziert bin und wir dabei gemeinsam „Spaniens Himmel“ gesungen haben“, berichtet der Enkel.
„Auch die eintätowierte Nummer hatte man natürlich auch immer vor Augen.“
Dass Kurt Goldstein Jude war, spielte keine Rolle, und das nicht nur, weil der Enkel nach der Halacha nicht als jüdisch gilt, „In der DDR-Öffentlichkeit stand die Tatsache, dass er Widerstandskämpfer war, im Vordergrund. Und er sagte von sich selber ja auch, der sei Kommunist und deutscher Jude, in dieser Reihenfolge.“
Er gehe davon aus, dass der Opa Kontakte zu Jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik gehabt habe, sagt Goldstein rückblickend, „aber eigentlich habe ich auch erst nach der Wende bewusst entdeckt, dass er ja Jude war.“
Die jüdischen Feiertage spielten nie eine Rolle, „in der DDR nicht, in der Familie nicht.“ Daran, zum Judentum zu konvertieren, hat Goldstein nie gedacht. „Ich bin Atheist“, sagt er, „ich bin einfach nicht religiös.“
Bei einem „Uniseminar über Juden und Staatsbürgerschaft“ erfuhr Dani Goldstein jedoch, dass er „wohl aber das Recht“ habe, nach Israel einzuwandern, und dieser Gedanke gefällt ihm ganz eindeutig sehr gut. „Ich habe schon eine sehr hohe Affinität zu Israel, allein schon sportlich, die israelische Fußball-Nationalmannschaft ist die einzige, die ich wirklich vorbehaltlos anfeuern kann.“
Und ein bischen Hebräisch kann Dani Goldstein auch, denn „ich habe von meiner Ex-Freundin einmal zum Geburtstag einen Kurs in der Jüdischen Volkshochschule geschenkt bekommen. Darüber habe ich mich sehr gefreut, und ich bin natürlich auch sehr gern hingegangen.“ Viel ist aber außer ein paar Phrasen leider nicht hängengeblieben, „man muss eine Sprache aktiv benutzen, sonst vergisst man mit der Zeit das Gelernte.“
Zum Beispiel bei Besuchen in Israel, wo ein Teil der Familie lebt. „Ich war schon wieder viel zu lange nicht mehr da“, bedauert der Eisbären-Sprecher, „dabei sauge ich alles geradezu in mich auf, wenn ich dort bin“
Und wie wäre es, mit dem erworbenen Know Howdem israelischen Eishockey zu helfen? Goldstein lacht, und sagt: „Kein Witz jetzt, ich hatte mal Kontakt zum israelischen Nationaltrainer, durch unseren ehemaligen Coach Piaget, dessen Kumpel in Quebec von einem eishockeyverrückten Juden angeworben worden war. Über ihn hatte ich dann auch Kontakt zum Verband, aber der ist leider eingeschlafen, auch, weil meine Sprachkenntnisse nicht so gut sind.“
Aber Eishockey ist ja auch nicht alles im Leben von Dani Goldstein: „Im politischen Engagement folge ich meinem Großvater nicht so nach, er war da konsequenter, als ich es sein kann“, bedauert er. Gemeinsam mit seinem Vater sucht er jetzt allerdings nach Möglichkeiten, das Engagement von Kurt Goldstein fortzusetzen: „Mein Opa hat viele Schulbesuche gemacht, um mit den Kindern über seine Erlebnisse zu sprechen. Einmal war er sogar in meiner Klasse, und das, was er zu sagen hatte, hat alle tief beeindruckt. Die Leute, die als Zeitzeugen berichten können, werden ja nun immer weniger – die Arbeit, die sie nicht mehr machen können, möchte ich gern fortsetzen.“

Der Text erschien zuerst in der Wochenzeitung “Jüdische Allgemeine”

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