Doping = Völkermord

von Elke Wittich

Wie sich die Radsport-Kommentatoren Peter Leissl und Michael Pfeiffer die Welt vorstellen, möchte man eigentlich überhaupt nicht wissen.
Während der 16. Touretappe gaben die beiden ZDF-Reporter nun unaufgefordert Einblick in ihr Gedankengut: Der der Weitergabe von Dopingmitteln beschuldigte spanische Arzt Jesus Losa gehört nach ihrer Meinung wie der gerade verhaftete Radovan Karadzic vor ein Uno-Tribunal.

Während die Tour durch malerische Berglandschaften rollte, ergingen sich Leissl und Pfeiffer minutenlang in Rachefantasien: Nachdem nun der Kriegsverbrecher Karadzic endlich verhaftet worden sein, sei nun hoffentlich auch bald Jesus Losa dran, lamentierten die beiden und passten sich damit nahtlos dem zur Zeit im deutschen deutsche Fernseh-Sportjournalismus vorherrschenden Niveau an. Denn wenn der gemeine Reporter mal gerade nicht damit beschäftigt ist, die Welt in Doping-Verdächtige und Deutsche zu trennen oder mit vor Bangigkeit bebender Stimme deutschsprachige Fahrer anzufeuern, wird er gern blutrünstig: Vor kurzem etwa in der ARD, als man beim Durchfahren eines historischen Ortes von mittelalterlichen Strafen wie Prangern und Ohrenabschneiden für Doper fantasierte, und nun mit der absolut geschmacklosen Relativierung von Kriegsverbrechen.

Dass Leissl, Pfeiffer und die anderen mit ihrer Jahre währenden unkritischen Jubel-Berichterstattung über Ulle, Zabel und die anderen mit dafür gesorgt haben, Doping zu etablieren, kommt ihnen vermutlich selbst nicht einmal in eher nachdenklichen Momenten in den Sinn. Im Gegenteil, ihren Karadzic-Vergleich finden sie wahrscheinlich nicht nur angemessen, sondern halten, so ist zu befürchten, ihn auch noch für kritischen Sportjournalismus. Wie der sonst noch so geht, zeigten sie heute ausführlich: Jeder einzelne Verdachtsmoment gegen nichtdeutsche Fahrer wurde lang und breit ausgebreitet. Über die – ungeahndeten – Verfehlungen des Radlers Stefan Schumacher verlor man kein Wort.

Kommentare

4 Kommentare zu “Doping = Völkermord”

  1. RedJan am 07.23.08 00:31

    Die Reporter haben völlig recht. Schließlich ist es dem arisch-deutschen Menschen schon rein genetisch gar nicht möglich, zu dopen oder Völkermord zu begehen.
    Wir erinnern uns doch noch gut an den Team Telepokom-Express, der mit ganz sauberen, hochreinen und biologisch abbaubaren Reagenzien den drittklassigen deutschen Profiradsport an die Weltspitze fuhr.

  2. Elke Wittich am 07.23.08 00:42

    Omfg, bring sie bloß nicht auf Ideen – dann ist Doping nicht nur Völkermord, sondern auch noch Umweltverschmutzung und dann gibts wirklich ein Tribunal. Vermutlich in Stuttgart, mit Kehrwoche 😛

  3. goldie am 09.20.08 19:30

    Schöner Text 🙂

  4. ivan grozny am 07.21.09 18:48

    omg, schaut eigentlich noch jemand tour de france?

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