Die taz und ihr WM-Boykott

von Martin Krauss

Die Sportredaktion der taz hat sich entschlossen, wegen datenschutzrechtlich, sagen wir: bedenklichen Abfragereien eine Akkreditierung für die Leichtathletik-WM nicht weiter zu verfolgen. Am heutigen Donnerstag (20. August) zur etwas ungewöhnlichen Zeit (14 Uhr) findet im taz-café in Berlin-Kreuzberg eine Diskussion zu dem Thema statt, die auch per Livestream übertragen wird. In der aktuellen Jungle World habe ich den taz-Sportredakteur Markus Völker zu diesem Thema befragt: “Unsere Daten werden vom LKA überprüft”.

Markus Völker, die Sportredaktion der taz boykottiert die Leichtathletik-WM. Warum?

Nachdem wir zur Fußball-WM vor drei Jahren schon einmal eine Unterschrift geleistet hatten, was dazu führte, dass unsere Daten vom Landeskriminalamt und vom Verfassungsschutz überprüft wurden, wollten wir diesen Fehler nicht zum zweiten Mal machen. Wir haben also die „Einverständniserklärung zur Zuverlässigkeitsprüfung“ nicht unterschrieben.

Kann man sich einen solchen Schritt bei der Leichtathletik-WM eher leisten als bei der Fußball-WM?

2006 war uns nicht bewusst, was mit den Daten passiert. Auf dem aktuellen Akkreditierungsformular wird jetzt haargenau aufgelistet, was alles überprüft wird.

Berichtet die taz denn über die Leichtathletik-WM?

Wir machen keine Ereignis- und Ergebnisberichterstattung, da müssten wir vor Ort sein. Wir haben auch nicht vor, uns von akkreditierten freien Journalisten oder Agenturen das liefern zu lassen, was wir selbst nicht recherchieren können. Aber natürlich ist Leichtathletik ein Thema bei uns: Wir fahren ein alternatives Programm.

Was heißt das konkret?

Es wird verstärkt Dopingberichterstattung geben. Auch historische Themen werden behandelt, und wir wollen uns um die Basis der Leichtathletik kümmern, den Vereins- und Schulsport.

Was sagen denn die sportjournalistischen Kollegen zur taz-Aktion?

Die meisten finden es ganz toll, aber sie selbst haben diese Bedingungen ja für sich unterschrieben. Da schwingt immer eine Ambivalenz mit, und man muss ja auch sagen, dass sich freie Journalisten für einen solchen Schritt, den die taz jetzt geht, kaum entscheiden könnten: Die hätten dann nichts mehr zu berichten.

Die taz hat mitgeteilt, juristisch könne man gegen die Akkreditierungsbestimmungen nicht vorgehen. Warum eigentlich nicht: Das Stadion gehört dem Staat, die WM wird mit staatlicher Unterstützung ausgetragen etc.?

Unsere Juristen sagen, dass das ein sehr verwinkeltes Ding ist. Eine privatwirtschaftliche Organisation wie das Organisationskomitee der WM, also die BOC GmbH, könne da die Bedingungen diktieren, auch wenn öffentliche Mittel verwendet werden und die Exekutive massiv beteiligt ist.

Hat sich der Verband der Sportjournalisten (VDS) eigentlich um die Sache gekümmert?

Meines Wissens: Nein.

Interview Martin Krauß, erschienen in der Jungle World, Nr. 34/09, 20.8.2009

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