Vor ein paar Monaten wurden in Bochum Bremer Nazis, die sich offen beim Fußball zeigten, von den Bremer Fans aus dem Block befördert. Dass Nazis scheiße sind, ist Konsens. Das gilt für die durch und durch sozialdemokratische Bremer Anhängerschaft fast komplett. Eine Ausnahme bilden, und das wird viele durchaus verwundern, weite Teile der aktiven Szene bzw. der Ultras. Die freuen sich seit Wochen auf den 2. Mai.

Denn:

Ein Viertel Jahrhundert ist vergangen, seit sich Fußballanhänger aus Essen und Bremen das erste Mal getroffen haben.

Es entstand eine Freundschaft, die mittlerweile weit mehr umfaßt als das Interesse an der 1. und 2. und natürlich der 3. Halbzeit beim Fußball.

Alle Essener und Bremer Fans, Ultras und Hools sind willkommen und laden ein, das 25-jährige Jubiläum am 2. Mai in Essen zu feiern.

Die Webseite kommt ohne Absender aus, aber es ist leicht zu erraten, aus welchen Kreisen die Idee kommt. Beworben wird die Party nämlich von Anfang an auf der Website der Standarte Bremen, der örtlichen Hooligangruppe, die von bekennenden Neonazis geführt wird. Zur Werbung wird ein T-Shirt vertrieben, das gibt es natürlich beim Sportsfreund, ein Bekleidungsgeschäft für Nazis und deren Freunde, ebenso ein Treffpunkt derselben in der Bremer Innenstadt. Mehr Infos zu den Nazi-Hools, dem Sportsfreund und den Verbindungen zwischen all dem gibts bei der Bremer Antifa.

Diese Party ist also nicht nur offen für Nazis, in dem alle Fans und Hools eingeladen sind, sondern offenbar ist sie auch von Nazis organisiert.
Man kann sich lebhaft ausmalen, wie sich dort die Faschisten zu dutzenden zum Biersaufen treffen. Für viele ist das nun aber nicht abschreckend, sondern eine ganz normale Sache. Wenn der Anlass für den Naziauflauf nicht direkt politisch ist, sondern es um Fußball geht, dann kann man durchaus mit Faschisten feiern, so wird argumentiert. Deshalb kann man davon ausgehen, dass auf dieser Feier Vertreter einiger Bremer Gruppen auflaufen:

Die Wanderers Bremen, bei denen durchaus einige Leute T-Shirts mit dem Aufdruck “Weserstadion und sonstwo – Kein Platz für Nazis” verkaufen können, während andere zeitgleich fünfzig Meter weiter mit den Nazis vor dem Weserstadion Klönschnack halten. Rolands Erben werden sicher ebenfalls vertreten sein.

Der Trick ist, unpolitisch zu sein. Oder das zu behaupten. Tatsächlich sind das Verhalten, die Argumentation und die Wünsche, die dahinter stecken, sehr politisch. Gewünscht wird eine Gemeinschaft, in der es keine Meinungsverschiedenheiten gibt, sondern alle an einem Strang für das gemeinsame Ziel arbeiten. Alle individuellen Kleinigkeiten sollen beiseite gelassen werden, damit man sich auf die eine große Gemeinsamkeit besinnen kann. Wir sind doch alle Deutsche Bremer!

Wer sich diese Einigkeit wünscht, hasst natürlich den Kritiker. Und so wurde jede Diskussion darüber, wie man die Volksgemeinschaftsparty findet, im Fanszeneforum verboten. Erlaubt sind dort solche Beiträge:

Top Dingen, da simma dabei…

Feierei 😛

Verboten bleibt die Diskussion darüber, bei der es – ich zitiere aus dem Kopf, das Original ist gelöscht – nur darum geht, “die Party kaputt zu reden“. Denn das, was einen stört, kaputt zu reden, ist gemein.
Sichtbar wird hier auch das Bewusstsein, dass es eben sehr wohl möglich ist, diese Party vernichtend zu kritisieren, sie also kaputt zu reden. Dieser Angst wird begegnet, indem man einfach nicht mehr drüber redet.

Keine der genannten Gruppen würde je öffentlich sagen: Ja, wir feiern gerne mit Nazis und sehen kein Problem darin. Sie sehen das Problem nämlich sehr wohl, aber es steht ihrem größeren Wunsch entgegen: der harmonischen Fangemeinschaft. Dass die nicht kommt, ist allen klar, aber die tiefe Sehnsucht haben sie doch. Mal mit den richtig großen Jungs den Hamburgern auf die Nase hauen, mal mit dem ganzen großen Block ein Lied singen, mal mit allen zusammen grillen gehen. Das wär es doch!
Aber die Linken sorgen mit ihrem ständigen Gemecker dafür, dass das nicht geht. Während man selbst natürlich “ganz normal” ist in seinen Ansichten. Die Deutschlandfahnen-Tour nach Holland ist das Normale, die Kritik an Deutschland das Problem. Nach diesem Muster läuft es immer ab: Nicht die Missstände sind das Problem, sondern die Diskussion darüber. Nicht die große Beteiligung von Nazis an einer Veranstaltung ist das Problem, sondern derjenige, der damit ein Problem hat.

Und so wird klar, warum die Bremer Fanszene Faschisten nicht ausgrenzen will: Sie teilt ihre Sehnsucht nach der reinen Gemeinschaft.

Der Text ist zuerst auf verbrochenes.net erschienen.

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