Derby ohne Derbygegner

von Gregor Mothes

Am vergangenen Wochenende kam es im Leipziger Zentralstadion zum ersten Stadtduell zwischen Lok Leipzig und RB Leipzig. Während die Lokfans lautstark und zahlreich ihre Ablehnung gegen den vom österreichischen Brausekonzern Red Bull übernommenen Markranstädter Verein deutlich machten, muss RB vor allem um Sympathie kämpfen.

Derbystimmung sieht anders aus. Eine Stunde vor Spielbeginn sind die meisten Plätze im Leipziger Zentralstadion leer. Das wird sich auch im Verlauf des Fußballnachmittags nicht ändern, dennoch kommen an diesem Sonntagnachmittag immerhin knapp 11500 Zuschauer zusammen, um die Premiere des Oberliga-Stadtduells Rasen Ballsport Leipzig gegen den 1.FC Lokomotive Leipzig zu sehen. Dass der Verein Red Bull alias Rasen Ballsport hier ein Heimspiel bestreitet, ist allerdings nicht zu bemerken. Als die ersten beiden mit weißen Trainingsjacken gekleideten Spieler den Platz betreten, ertönt ein gellendes Pfeifkonzert aus dem sich langsam füllenden Block der Lok Fans. “Hier regiert der RBL!” versucht sich ein Grüppchen aus etwa 15-20 mit weißen T-Shirts gekleideten Fans, die sich mit ihren Fahnen hinter einem Transparent mit der Aufschrift “L.E. Bulls” versammelt haben. In einem leer gebliebenen Block der Südkurve bilden auf die Sitzschalen geklebte weiße Zettel die meterhohen Buchstaben RBL.

Hier sollen einmal die Unterstützer des Vereins stehen, der bei den Fans der Leipziger Traditionsclubs so unbeliebt ist. Noch ist es schwer vorstellbar, dass dieser Club in weniger als 10 Jahren mit Bundesligafußball die Leipziger Massen begeistern soll.

Vorerst werden die Rufe der zwanzig Bullenfans mit hämischem Applaus aus der Lok-Kurve beantwortet. Ein erstes “L-O-K”, das das Stadion dröhnen lässt, macht deutlich, wer hier die Stimmhoheit hat. Auf der Leinwand hinter den blau-gelben Fans laufen ununterbrochen Werbeclips von Red Bull-Sportveranstaltungen. Das Rahmenprogramm wird vom Verein auf das Nötigste beschränkt, der Stadionsprecher verliest obligatorisch die Mannschaftsaufstellungen, die im Lärm der Lok-Fans untergehen. Als wenige Minuten später die Mannschaften aufs Spielfeld kommen, wird auf der Lok-Seite das erste Spruchband entrollt: “LE ist LOK – Retortenball sucks!!!” ist darauf zu lesen. Trotz der Ankündigung des RBL, bei seinem Heimspiel keinerlei Kleidung und Banner zuzulassen, die sich gegen die “Firma” RB richten und dies durch äußerst strenge Leibesvisitationen sicherzustellen, werden im Spielverlauf immer wieder solche Spruchbänder entrollt, die Slogans lauten u.a. „Football is for you and me not for fucking industry“, „Das Konstrukt RB darf niemals siegen“ oder „Fußball mit Herz, ihr seid nur Kommerz“. Die RB-Gruppe versucht sich indessen mit Selbstironie und entrollt ihrerseits den Aufruf: „Hier könnte ihre Werbung stehen“.

Mit dem lautstarken Anhang im Rücken startet die Lok-Elf druckvoll ins Spiel, kommt jedoch nur zu einer klaren Chance. Durch einen Fehler in der Hintermannschaft geht RB in der 19. Minute in Führung. Fast überraschend ertönt nun doch ein vielstimmiger Torschrei aus den Reihen der „neutralen Gerade RB“, wie sie in der Sektorenaufteilung bezeichnet wird. Nach dem Rückstand hat Lok immer weniger vom Spiel, während Rasen Ball clever und ergebnisorientiert spielt. Ein weiterer Treffer für RB wird wegen Abseits nicht gegeben, doch das wachsende Übergewicht der Weiß-Roten scheint immer mehr Besucher dazu zu bringen, sich zaghaft als RB-Fans zu outen. Als schließlich das 2:0 fällt, werden im Lok Block Böller und Pyros gezündet.

Die Amateurmannschaft von Lok kämpft zwar um jeden Ball, kann sich aber im Spielverlauf keine weiteren Tormöglichkeiten mehr erarbeiten. Das 3:0 für Rasen Ball, ein Volleyschuss aus 25 Metern Entfernung ins lange Eck, kann bei „Sport im Osten“ (MDR) zum „Volltreffer der Woche“ gewählt werden.

Der lautstarken Unterstützung durch den Lok-Anhang tun die Tore keinen Abbruch. Immer wieder bringen die Fans dabei auch ihre Ansicht zum Leipziger Fußball und die Ablehnung des RB zum Ausdruck: „Fußball-Leipzig-LOK“ ist ein beliebter Sprechchor an diesem Nachmittag. Mehrere Male wird auch: “Wir sind Leipzig und ihr nicht“ gerufen, was die RB-Sympathisanten dann noch zu bestätigen scheinen: Als die Aufforderung „Steht auf, wenn ihr Leipziger seid“ ertönt, bleiben sie auf ihren Plätzen.

Zu einem Gerangel kommt es, als ein beim Eckball von einer Papierkugel getroffener RB-Spieler sich mit dem Beweisstück in der Hand beim Schiedsrichter beschweren will. Beim Versuch, die Ecke dann doch auszuführen, hagelt es weitere Gegenstände. Nach kurzer Unruhe wird das Spiel jedoch fortgesetzt und ohne weitere Unterbrechungen zu Ende gespielt. Der Abpfiff erfolgt auf die Sekunde nach 90 Minuten. Außerhalb des Stadions schirmen nervös wirkende Polizisten mit Wasserwerfern und Hunden das gesamte südliche Stadiongelände vor den heimkehrenden Lokfans ab. Die meisten RB-Fans sind zu diesem Zeitpunkt aber schon verschwunden oder haben sicherheitshalber ihre Fanutensilien versteckt.

Nach dem Sieg steht RB Leipzig auf dem ersten Platz in der Oberliga. Alles andere ist auch bis zum Ende der Saison nicht vorgesehen. Interessant wäre es allerdings, die Begeisterung des Leipziger Publikums zu messen, bliebe Red Bull für einige Jahre länger in den unteren Gefilden des deutschen Fußballs hängen, als geplant.

Kommentare

3 Kommentare zu “Derby ohne Derbygegner”

  1. links for 2009-09-30 | Du Gehst Niemals Allein am 09.30.09 14:06

    […] Derby ohne Derbygegner : SportsWire "Zu einem Gerangel kommt es, als ein beim Eckball von einer Papierkugel getroffener RB-Spieler sich mit dem Beweisstück in der Hand beim Schiedsrichter beschweren will." (tags: oberliga leipzig redbullleipzig derby reportage lokleipzig) […]

  2. Tzzz am 10.22.09 16:41

    Dieser Beitrag ist die Reinste Scheiße !!!
    Von den 11.000 Zuschauern waren 2.500-3.000 auf den tribünen von RB.

    Und wo Lok Gesungen hat steht auf wen ihr Leipzig seid hat kein Schwein mitgemacht.

    Wo wir im Block “Steht auf wen ihr Bullen Seid” angestimmt haben stand der Ganze Block.

    Schlechter Artikel

  3. Ronny am 10.22.09 19:16

    @Tzz: Ein verärgerter RB-Fan, wie süß. Aber ein wenig albern sahen sie schon aus die 20 RB Ultras hinter ihrem Transpi, oder?

blogoscoop