Liveticker gehören mittlerweile zum Fußball wie Tabellen und Meniskusschäden.
Doch wer verfasst diese Tickermeldungen eigentlich? Und wie wird man das, Ticker-Schreiber? SportsWire sprach mit dem Sportjournalisten Marcus Gottschalk über Quellen, Emotionen, Schnelligkeit und Tabus.

Wie bist Du zu dem Job gekommen? Hast Du eine journalistische Ausbildung oder bist Du Quereinsteiger?

Absoluter Quereinsteiger, studiert habe ich Sprachen. Vor zehn Jahren bin ich über eine Stellenanzeige im Internet mit anschließendem Test meines Fußballfachwissens bei den Datensammlern von IMPIRE gelandet. Über die Mitarbeit an der ran-Datenbank ging es dann zu sport1.de, seitdem bin in – mit Unterbrechungen – diesem Bereich tätig.

Wie lange hast Du gebraucht, um fit im Tickern zu werden?

Das ging recht schnell. Wenn man selbst des Öfteren auf diese krude Art der Berichterstattung angewiesen war, bildet man sich zumindest ein, zu wissen, worauf es ankommt.

Kannst Du Dich an Deinen ersten Ticker-Job erinnern?

Mit Hilfe der Datenbank habe ich zunächst nur die Leute am Ticker mit Fakten und Zahlen unterstützt.
Der Übergang war dann fließend, wobei die ersten Einsätze meist Spiele betrafen, von denen kein Bildmaterial vorlag. Internationale Partien oder der DFB-Pokal. Dann sucht man sich andere Quellen, wie Vereinsseiten oder regionale Radiostationen, und gibt wieder, was man dort so findet.

An das „erste Mal“ kann ich mich konkret nicht erinnern. Das wichtigste Spiel aber war die Partie Deutschland vs. Irland bei der WM 2002. Zu bester Bürozeit und allein deshalb mit großartigen Klickzahlen. Das hat Spaß gemacht.

Wie lange dauert es, bis ein Ereignis im Ticker veröffentlicht ist?

Das muss schnell gehen! Zum Glück ist man als Redakteur für diese Dinge nicht zuständig, aber Erfahrungen mit Live-Tools sammelt man ja fast ohne eigenes Zutun. Nach 30 Sekunden sollte der Text auf der Seite sein.

Was ist das Wichtigste beim Live-Ticker-Schreiben?

Seine Nervosität in den Griff zu bekommen. Emotionalität rüber zu bringen, ohne selbst emotional zu werden. Fehler im Text kommen vor, Zahlendreher und falsche Ergebnisse aber sind tabu. Ansonsten gilt wie meistens: Wenn es Spaß macht, ist es auch gut.

Tickerst Du alle laufenden Spiele gleichzeitig oder bist Du nur für einen Teil davon verantwortlich?

Bei sport1 haben wir am Sonntag eine Art Überblicksticker über die Top-Ligen Europas angeboten, da war man mit mehreren Spielen beschäftigt. Da leidet allerdings naturgemäß die Qualität, ist dann eher ein Ergebnisdienst mit Zugabe. Ansonsten sollte man bei einem Spiel bleiben.

Wie genau gehst Du vor? Schaust Du laufend auf Agenturmeldungen oder benutzt Du noch andere Medien, zum Beispiel Fernsehen und Radio?

Normalerweise ist das Fernsehen gefragt. Aber wie gesagt, es gibt auch durchaus reizvolle Ausnahmen.

Wonach entscheidest Du, ob ein Ereignis wichtig genug für den Liveticker ist?

Jedes Ereignis ist wichtig genug. Auch wenn nichts passiert, will man das dem User mitteilen. Schließlich ist das Tickern Ersatz für den Stadionbesuch oder zumindest für die Live-Übertragung. Man wählt also eher aus.

Was macht den größten Spaß, was ist am nervigsten?

Da geht es uns wie dem Zuschauer. Spaß macht es, wenn viel passiert.

Was, glaubst Du, wird am Tickern unterschätzt?

Keine Ahnung, wenn man drauf angewiesen ist, ist der Ticker auf jeden Fall besser als Bildschirmtext.

Du bist ja nun Schalke-Fan, und zwar ein sehr großer. Kommst Du überhaupt dazu, während der Ticker-Arbeit mit Deinem Verein zu fiebern?

Weniger, ich ziehe es vor zu arbeiten, wenn mein Lieblingsverein nicht zeitgleich im Einsatz ist. Aber man kann sich ja nicht immer alles aussuchen.

Wie schwer ist es, neutral zu bleiben? Kannst Du Deine Vereinsvorlieben ausblenden? Geht das automatisch oder muss man sich manchmal dazu zwingen?

Inzwischen geht das mehr oder weniger automatisch. Auch wenn ich alles, was den Lieblingsverein betrifft, noch mal eindringlichst gegenlese.

Wie sähe die Tickermeldung aus, die Du am allerliebsten schreiben würdest?

Was für eine Frage: Nachdem meine Vereinsvorlieben hier bereits erwähnt wurden, ist das doch wohl klar.

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