Der starke Regen, der seit Wochen im Süden Brasilien niedergeht, macht das professionelle Fußballspielen zu einer nicht immer angenehmen Angelegenheit. Corinthians gerade erst erkämpfte Tabellenführung schwimmt im Regenchaos davon.

Während die Temperaturen in Deutschland weiter beharrlich um den Gefrierpunkt herumkrebsen herrscht in Brasilien gerade Hochsommer. Sonne, Strand und Palmen sind die ersten Bilder, die einem da durch den Kopf schwirren. Nur ist der nächste Strand von São Paulo eine knappe Autostunde entfernt und es gibt sicherlich auch Angenehmeres als 32 Grad im Schatten in einer Megalopolis. Zumal wenn Hitze und Feuchtigkeit dafür sorgen, dass sich das Ganze allabendlich in sintflutartigen Regenfällen entlädt.

Und die Kombination aus allabendlich und sintflutartig (oder tropisch) ist im Ergebnis richtig viel Wasser. Und viel Wasser kann irgendwann zu einem ernsten Problem werden. Seit Dezember sind im Bundesstaat São Paulo bereits mindestens zwölf Menschen bei Überschwemmungen oder durch Blitzeinschlag ums Leben gekommen; zwei weitere werden nach starken Niederschlägen im Dezember immer noch vermisst. Einige Stadtviertel São Paulos stehen immer wieder unter Wasser, in vielen Städten und Gemeinden auf dem Land herrscht Ausnahmezustand. Am Wochenende waren knapp 200.000 Menschen in Campo Limpo Paulista (rund 50 km außerhalb von São Paulo) von der Wasserversorgung abgeschnitten. Allein am Samstag starben vier Menschen aufgrund der heftigen Niederschläge.

Die sorgten auch dafür, dass die Partie zwischen Corinthians und Portuguesa Mitte der zweiten Halbzeit beim Stand von 1:1 abgebrochen wurde. An Fußballspielen war aufgrund der vom Himmel fallenden Wassermassen nicht mehr zu denken. Vielmehr sahen die meisten Zuschauer zu, dass sie irgendwo trockene Zuflucht fanden bzw. schnellstens nach Hause kamen. An eine Fortsetzung des Spiels war ohnehin nicht zu denken. Dachte man. Aber Brasilien wäre nicht Brasilien… Stunden später, als das Wetter sich wieder beruhigt hatte, wurden die verbleibenden Minuten doch noch zu Ende gespielt – vor nun allerdings leeren Rängen. Es passierte nicht mehr allzu viel. Am Ende blieb es beim Unentschieden und Corinthians war die gerade erst erkämpfte Tabellenführung in der Paulista wieder los, da Palmeiras am Sonntag im ersten Klassiker der Saison Santos eindrucksvoll mit 4:1 verprügelte und damit auch im siebten Saisonspiel (einschließlich Copa de Libertadores) siegreich blieb.

Schwerer als der Verlust der Tabellenführung dürfte Corinthians aber der Zorn der Fans wiegen. Die sind – aufgrund der nach der Verpflichtung Ronaldos erhöhten Eintrittpreise ohnehin schon im Clinch mit der Klubdirektive liegend – nach der Entscheidung, das Portuguesa-Match vor leeren Rängen zu Ende zu spielen nun richtig sauer. Einige Fanclub boykottieren bereits den Stadionbesuch. Und der ohnehin klamme Club beklagt einen signifikanten Rückgang der Einnahmen aus Ticketverkäufen in den ersten Heimspielen der Saison.

Angesichts der angespannten Situation war der gestrige Heimsieg gegen das im Tabellenkeller beheimatete Team von Mogi Mirim auch kaum mehr als eine Randnotiz. Bei erneut schlechten Witterungsbedingungen und viel regen in Halbzeit zwei tat sich die Mannschaft von Mano Menezes lange Zeit schwer gegen den tapfer verteidigenden Gegner. Erst der eingewechselte, erst 18-jährige Boquita brachte den Favoriten mit seinem Treffer in Minute 85 auf die Siegerstraße. In der Nachspielzeit erhöhte dann Chicão vom Elfmeterpunkt zum 2:0-Endstand.

Am Sonntag gibt es dann für Corinthians zum ersten Klassiker der Saison beim großen Lokalrivalen und aktuellen Meister Brasiliens, FC São Paulo. Beide Klubs streiten derzeit heftig um das Kartenkontingent für die Gästefans, nachdem São Paulo die bisher geltende Absprache, den Gästen 50 Prozent der Eintrittskarten zur Verfügung zu stellen, aufgekündigt hat und nur noch ein Zehntel der Karten herausgeben will. Für Würze in dem Spiel ist also gesorgt.

Von Andreas Knobloch, São Paulo

Resultate und Tabellen, siehe: www.futebolnarede.com/campeonato-paulista.php

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