Schon kurz nach dem Amoklauf von Winnenden wurden so genannte Killer-Spiele als eine der Ursachen genannt – angesichts der nun wieder ausbrechenden Verbiete-Hysterie ist es vielleicht ganz hilfreich, sich an ein paar Fakten zu erinnern.

Dass bei dem Amokläufer von Winnenden das, was so gern als Killerspiele bezeichnet wird, auf dem Rechner gefunden wurden, ist nicht weiter erstaunlich – solche Games werden schließlich von Millionen Menschen gespielt.
Und da geht das Problem mit der öffentlichen Wahrnehmung auch schon los: Millionen Menschen daddeln also Spiele, bei denen es darum geht, nicht-menschliche Wesen zu töten, ohne Amok zu laufen – genau so, wie Millionen täglich ihre Brote mit Messern schmieren, ohne jemals auf die Idee zu kommen, damit andere zu erstechen.
Dass einer dieser Millionen Daddler nun durchgedreht ist und Amok lief, ist tragisch, aber vielleicht hilft es, sich zu vergegenwärtigen, dass es schon lange vor der Erfindung von Computerspielen Amokläufer gab.
Auch in der Bundesrepublik, wo im Jahr 1964 der ehemalige Wehrmachts-Soldat Walter Seifert in eine Kölner Volksschule eindrang, wo er mit selbst gebastelten Waffen acht Kinder und zwei Lehrerinnen tötete (eine Chronologie der damaligen Ereignisse ist hier zu finden)
Seifert hatte das Töten bei der Wehrmacht gelernt, die jahrelang in den von ihr besetzten Ländern Terror verbreitete. Und diente damit einem mörderischen Regime, dem Millionen Menschen zum Opfer fielen – die Nazis brauchten definitiv keine so genannten Killerspiele als Vorlage für ihren von 1933 bis 1945 währenden Amoklauf.

Kommentare

3 Kommentare zu “Computerspiele töten nicht, Menschen töten”

  1. kelborn am 03.12.09 22:02

    Ich hab mir auch schon Gedanken darüber gemacht und ein interessantes Video bei Youtube gefunden (http://saibot-blog.blogspot.com/2009/03/amoklauf-durch-computerspiel.html). Das Fernsehen springt immer sofort auf den Anti-Computerspiel-Zug auf, wenn sowas im Raum steht. Wohl auch im eigenen Interesse. Werden Games verteufelt und verboten, muss man eben wieder TV gucken, wenn man Unterhaltungsmedien konsumieren will. Genau diese Zielgruppe (bis 30) sitzt immer mehr vor dem Spiel, als vor dem schlechten TV-Programm. Ein Verbot von allen Spielen (über 18) wäre denen dann nur recht! Mit vernünftiger Debatte hat das alles aber nichts zu tun.

  2. Christian am 03.13.09 12:50

    es ist halt nunmal sehr einfach einen klaren sündenbock für so ein verhalten zu finden. computerspiele, fernsehen, etc. möglichst viele externe, sachliche faktoren. viel einfacher als zu sagen, dass die eltern evtl. was falsch gemacht haben, das umfeld sich falsch verhalten hat, lehrer falsch reagiert haben, wie auch immer. wobei hier wieder schwierig festzulegen ist, was genau falsch ist. wie immer gilt wohl bei der berichterstattung: komplexer sachverhalt erfordert einfache erklärungmodelle, damit es medial für eine möglichst breite masse vermarktbar ist. ist doch viel schöner als eine diskussion über komplizierte psychosoziale mechanismen, bei denen jeder zweite (wahrscheinlich sind es mehr) den resigniert und zu den aktuellen fussballergebnissen wechselt.

  3. Ariadz am 03.13.09 17:50

    Natürlich tut es nichts zur Sache wenn man in der Schule täglich gemobbt wird, hauptsache du fasst keines von diesen bösen Spiele an, denn dann wird man ja natürlich richtig krank.

    Ergibt fast schon einen Sinn.

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