Zugegeben, hinter uns liegen Jahrzehnte und Tausende von Computer- und Videospielen, es mag schon alles erfunden und fast alles mal gemacht worden sein und trotzdem müssten hin und wieder ein paar kreative Ideen möglich sein.

50 Jahre Pong

Je nach Betrachtungsweise könnten wir dieses Jahr den 50.Geburtstag des Videospiels feiern, denn 1958 bauten der Physiker William A. Higinbotham und Robert V. Dvorak aus einem Oszilloskop ein erstes Tennisspiel, um den Tag der offenen Tür ihres Institus für Nuklearforschung für die Besucher ein bißchen unterhaltsamer zu gestalten.
In diesem Spiel war eigentlich schon alles was später Pong, ein Spiel ein Denkmal, ein Name ein Monument, sein würde.
Es dauerte dann noch ein paar Jahre bis zur Veröffentlichung der ersten Spielkonsole, der Magnavox Odyssey, die ab 1972 in den USA verkauft wurde und bis zum Weihnachtsgeschäft 1977, in dem der Klassiker schlechthin, das Atari 2600 auf den Markt kam.

4 Kilobyte reich(t)en

Bei so vielen Spielern begann alles mit einem Atari 2600, das “Atari” zum Synonym für Videospiele machte.
Die Module hatten damals anfangs eine Speicherkapazität von 4 Kilobyte, dieser Text nimmt sich auf der Festplatte übrigens schon 8 Kilobyte.
Mit diesen 4 KB Code schafften es die Programmierer trotzdem uns stundenlang leidenschaftlich spielend vor den Fernseher zu fesseln und uns das Gefühl zu geben, die Welt zu retten oder das Universum zu bereisen.

Spätestens seit der Einführung der CD und später der DVD als Speichermedien muß sich niemand mehr beschränken, es wird leichthin gesagt, der Kreativität seien keine Grenzen mehr gesetzt.
Ich behaupte, die Unendlichkeit der Möglichkeiten und Kapazitäten blockieren die Kreativität stärker als es die technischen Unzulänglichkeiten je gekonnt hätten.
Was lässt uns denn heute so liebevoll nostalgisch in den Erinnerungen an vergangene Computerspielzeiten schwelgen?
Es sind nicht die ausufernden Filmsequenzen und die fulminante Optik, es sind die Ideen, besonders gerne auch die kauzigen, die bereits auf einem 4 Kilobyte-Spielmodul zuhause sein konnten.

Lucas Arts, Wegbereiter im Guten wie im Schlechten

Die Lucas-Arts Adventures beispielsweise, voller ausufernder Phantasie und erinnernswerter Momente, passten physisch auf zwischen eine, Maniac Mansion [1987], und sechs Disketten, Maniac Mansion – Day of the Tentacle [1993].

Apropos erinnernswerte Momente, welchem Zeitzeugen des Tags des Tentakels fiele nicht etwas zu tun ein mit einem Hamster, einem Pullover, einer Gefriertruhe, einer Mikrowelle und sehr viel Zeit…?

Dabei war die Grafik pixelig simpler Natur, aber sichtlich liebevoll gestaltet und von liebenswert eigener und eben auch sichtbar pixeliger Schönheit.
Vielleicht hat die Computergrafik ihren ihr eigenen Charme zu verlieren begonnen, als sie begann, den Pixel zu verleugnen…

Im Jahr 1993 erschien dann von Lucas-Arts auch noch Sam & Max auf Diskette und mit voller Sprachausgabe auf CD, was damals allerdings einen zusätzlichen Mehrwert darstellte, der eben auf einer Handvoll Disketten technisch nicht zu realisieren war und nicht über hingeschluderte Lieblosigkeit hinwegtäuschen mußte.
In jenen Jahren war es üblich, Spiele auf CD und Diskette zu veröffentlichen. Je nach Spieleentwickler gab es dann entweder auf der CD etwas mehr oder auf den Disketten etwas bis viel weniger.

Ausgerechnet Lucas Arts musste im selben Schicksalsjahr mit dem ausschliesslich auf CD veröffentlichten “Star Wars Rebel Assault” wohl die unheilvolle Entwicklung auf jenen Weg bringen, der schliesslich in die Kreativitätswüste unserer Tage führen sollte.
Damals brachte einen Rebel Assault noch zum Staunen und liess einen das Finanzloch nach dem teuren Kauf des “Single-Speed” CD-Laufwerks vor lauter Begeisterung über das neue Spielerlebnis noch verschmerzen.
Später kamen dann zwar “Double-Speed” und “Quad-Speed” und … und insgesamt immer mehr grafische Sensationen, nur Phantasie und Kreativität schienen darüber oder darunter langsam zu verschwinden.

“Games” und “Movies”

Neue “Games” wiederholen an- und ausdauernd, die Programmierer suchen selten nach neuen Wegen,
lieber wird eine alte Idee neu, oder mndestens spektakulärer aufbereitet oder eine eingeführte und erfolgreiche Serie fortgeführt.
Das verbindet die “Games” übrigens mit den Kinofilmen, denen sie immer ähnlicher werden, die ihrerseits ihnen immer ähnlicher werden, Crossmarketing dicht an der Perfektion, die aber in absehbarer Zeit erreicht sein wird.
Auch dort lassen sich gigantische Budgets nur dadurch rechtfertigen und bei den Studios loseisen, daß man auf eine bereits bekannt sichere Bank setzt.

Guitar Hero `85

Natürlich könnte man einwenden, daß es manche Spiele, manche Spielkonzepte wirklich erst heute gäbe, erst heute geben könne.
“Guitar Hero”, “Sing Star” oder einfach neue Controller, Lichtpistolen, Angeln, Rasseln, Kongas oder das Steuerungskonzept der Wii-Konsole, die gab es jeweils vor ihrer Einführung nicht.
Richtig, nur kommt hier die Innovation, wenn man ehrlich ist, auf dem niedrigsten möglichen Niveau, auf dem technischen Weg.

Dass all dies nämlich bereits auf der alten Hardware der 80er möglich gewesen wäre, das beweisen leidenschaftliche Bastler, die immerhin im Gegensatz zu den Profis auf diese Art innovative Kraft und Phantasie beweisen:
http://www.toniwestbrook.com/shredz64
Der Rest wären ein paar verbesserte Soundchips, einige Bauteile im Pfennigbereich gewesen und die als revolutionär empfundenen Spiele “Guitar Hero” oder “Rockband” hätten auch schon vor zwanzig Jahren erscheinen können.

Daß die Idee grundsätzlich Musik bzw. Tonfolgen nachzuspielen oder nachzusingen nicht neu ist, das belegen das schon antiquarische “Senso”, der Lucas Arts Klassiker “Loom” oder auch einfach nur Karaoke.

Kommentare

1 Kommentar zu “Computerspiele – Teil 3”

  1. Loddars Scherge am 09.03.08 12:27

    Anmerkung:

    Guitar Hero ist auch in seiner jetzigen Ausprägung eine Weiterentwicklung. Zwar ist offiziell nichts bekannt über einen Patentkauf (vielleicht gab’s auch gar keins mehr), aber das Ganze sieht verdächtig aus wie ein Produkt von Ahead, inc. aus dem Jahr 1993/94 namens “Welcome to West Feedback”.
    Auch hier gab es eine Plastikgitarre, auf der man allerdings nur den Rythmus der jeweiligen Songs (Soul Asylum, Pantera, etc.) auf einer “echten” aufgespannten Gitarrensaite klimpern konnte, ohne das Tastengedrücke für die Töne.
    Es gab sogar einen Nachfolger (“Quest for Fame”), dessen ultimatives Ziel es war, am Ende mit Aerosmith auf der Bühne zu spielen – Guitar Hero Aerosmith Edition lässt grüssen…
    Ein Schlagzeug-Ersatz, mit dem auf der Tischkante trommeln konnte, sollte auch rauskommen – mehr ist mir aber nicht bekannt.
    Das Ganze wurde selbstverständlich erst ermöglicht durch den Einsatz eines CD-Roms, da das Spiel ohne Videosequenzen und mit Midi Tracks auf Diskette sicher keinen Spass gemacht hätte…

    So war es allerdings der Hammer und absolut Hall of Fame- würdig!

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