Stellen Sie sich bitte einmal vor, in einem Plattenladen…nein, der ist ja ein Anachronismus an sich, ein beinahe mythischer Raum, der die größtmögliche Annäherung an eine Zeitmaschine darstellen dürfte, die wohl jemals erlebbar sein wird.

Also stellen Sie sich bitte einmal vor, in einem CD-Geschäft, herzloser ist und klingt noch die “CD-Abteilung” eines Kaufhauses, würde Ihnen ein oberflächlich freundliches Mitglied des Personals nach mehrmaligem Vergewissern “wie der jetzt genau geschrieben wird”, mitteilen, daß es keine Musik von “diesem Bob Marley” mehr zu kaufen gebe, die wäre schliesslich uralt, würde nicht mehr produziert, wer die Rechte hätte wüßte schliesslich auch niemand und überhaupt wäre die auf seit 1993 produzierten Abspielgeräten auch garnicht mehr lauffähig.
Dazu sähe Sie der gute Mann an, als würde Ihnen ein Stück eines erst halbgegessenen Menschenarmes aus dem Mundwinkel hängen, die Umstehenden betrachteten Sie, wie sie das normalerweise nur bei Unfallopfern tun und irgendwo im Hintergrund rollt auch schon dieser vertrocknete runde Busch aus den Western durchs Bild.

Ungefähr so geht es Menschen, die wider beseres Wissen versuchen sollten, bei Saturn Hansa oder einer vergleichbaren Einrichtung, ein zehn Jahre altes Computerspiel zu kaufen.

Jetzt ist es ein Kulturgut
Das Computerspiel an sich wurde nun als Kulturgut anerkannt.
http://www.spiegel.de/netzwelt/spielzeug/0,1518,572152,00.html

Spannend wird, ob es zukünftig auch als solches behandelt werden wird.

Wir leisten es uns, viele Spiele von großer Schönheit der Vergessenheit anheim fallen zu lassen, Menschen, die sich dagegen engagieren, indem sie beispielsweise Abandonware-Websites betreiben, in die kriminelle Ecke zu stellen.
Spiele, die Meilensteine darstellen auf dem Weg zum Multimillionenwirtschaftszweig, was “Games” heute sind, oder es vermochten eine Generation von Computerspielern in Staunen und Begeisterung zu versetzen, sind allgemein nicht mehr zugänglich.
Wer erinnerte sich dabei von denen, die mit Begriffen wie “8-Bit”, “16-Bit” oder dem schlichten “Homecomputer” noch etwas anzufangen wissen, nicht an “Little Computer People”, “M.U.L.E.” oder die spätere Grafiksensation “Defender of the Crown”.
Kann man das heute noch mal eben spielen, sich mal ansehen, jemandem zeigen? Nein!

Heute: “Games”
Was mich “Game” in Anführungszeichen setzen lässt, ist die tiefe Abneigung gegen diesen Begriff. In der Tat, wurde in den Anfangstagen von Computer”spielen” gesprochen, irgendwann wollte man sich aber wohl vom kindlichen Charakter dieses Begriffes distanzieren.
Auch der ursprüngliche Begriff “Spielkonsole” hat ausgedient, marketingtechnisch ist es einfach sinnvoller direkt von der Playstation zu sprechen, da fühlt man sich in seinem natürlich kindlichen Spieltrieb nicht gleich so unangenehm ertappt.

Jedes aktuelle “Game” übertrifft bereits die des letzten Jahres um Längen, der Realismusgrad lässt sich eben doch immer noch etwas steigern, alles geht immer noch ein bißchen “besser”.
Dies trifft natürlich im Wesentlichen auf das Action-Genre zu, welches aber wiederum die Wahrnehmung von Computer- und Konsolenspielen in der Öffentlichkeit prägt und auch in den Verkaufszahlen insgesamt deutlich führend sein dürfte, wenn man einmal von Einzelphänomenen wie beispielsweise den Sims oder Dr.Kawashima absieht.
Das “Ego-Shooter”-Genre prägte in den jüngeren Vergangenheit nachhaltig das “Ansehen” von Spielen und Spielern, wobei den Gegnern des Genres nicht einmal klar sein dürfte, daß es es sich bei “Ego” um die Perspektive des Spielers handelt und nicht um eine Geisteshaltung.
In den letzten Jahren erleben wir hier eine von grosser Dummheit und Ignoranz geprägte Debatte, der die Anerkennung des Computerspiels als Kulturgut ebenfalls gut tun könnte.

Eintritt in verwunschene Welten
Kommen wir zum Computerspieloldie an sich zurück:
Was in ihm an Kreativität steckt, bzw. versteckt ist, das ist gewaltig.
Aus heutiger Sicht primitive Technik liess die Programmierer und Packungsdesigner zu Höchstleistungen auflaufen. Schade, daß man auf Flohmärkten zwar noch die Module kaufen kann, die Schachteln aber häufig verloren sind, denn sie waren integraler Bestandteil des Erlebnisses.
Die Cover der Verpackungen versprachen alles, entführten einen bereits in verwunschene Welten und die Unendlichkeit des Weltraumes, daß es sich auf dem Fernseher beim Spielen im Wesentlichen um Klötzchen in wenigen Farben und irrer Anordnung handelte, das hinderte uns nicht daran, uns in einer anderen Welt zu glauben.
Wir waren “Pitfall Harry” oder retteten die Welt vor den “Space Invaders”.

Kommentare

1 Kommentar zu “Computerspiele – Teil 1”

  1. Elke Wittich am 08.19.08 16:09

    Wir haben letztes Jahr auf dem Flohmarkt zwei Amiga 500 inklusive tonnenweise Spielen für rund 20 Euro gekauft. Die Verkäuferin war eine Mutter, die dafür wahrscheinlich noch heute von ihren Söhnen gehasst wird…

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