Tabellenvierter ist die Berliner Hertha! An der guten Stimmung innerhalb der Mannschaft soll es liegen.
Aber wann endlich überträgt diese sich auf die Ränge des Olympiastadions?

“Spitzenmannschaft.”
Ja, das Wort fiel im Zusammenhang mit Hertha BSC – in der Sportschau am vergangenen Wochenende. Reinhold Beckmann hat das gesagt, weil der Club nun also auf Platz vier steht. Und mit einer gewissen Berechtigung macht sich die Hertha Hoffnung darauf, diesen (fast)Spitzenplatz am Freitag – zuhause – gegen den FC Köln zu festigen (unter Umständen kann sie anschließend gar an den Championsleagueplätzen lecken).
Wer hätte das vor der Saison gedacht? Wohl nur die härtesten unter den gar nicht zahlreichen Hertha-Fans.
Vielleicht noch der Mann, der mir gestern Abend gegenüber saß, in der U8 vom Gesundbrunnen zum Kottbusser Tor, in den Arbeitsschuhen und der orangefarbenen Warnweste, unter der auf blauem Sweaterstoff der Schriftzug “Arcor” und ein rundes Hertha-Wappen hervor lugte. Auf dem Kopf ein verschossenes Basecap, das mal blau-weiß war. In den Händen die B.Z..
So sehen die Treuen aus. Dabei wette ich, dass es in Berlin mehr verkappte Bayern-Fans gibt als welche, deren Herz unter der Warnweste für Arne Friedrich schlägt.

Ob der Spitzenfußball der von ihm angeführten Mannschaft aber auch schon in der Stadt – nicht bloß im Sportschau-Studio des WDR – angekommen ist, wird sich erst an diesem Freitag zeigen. Im Ergebnis gegen wankelmütige Kölner, vor allem aber in der Besucherzahl.
Denn darin ist die Hertha alles andere als Spitze.
Es bedarf schon eines Fußballländerspieles gegen England, damit Arne Friedrich im Olympiastadion mal vor vollen Rängen kicken darf. Ein DFB-Pokalendspiel wäre auch noch eine gute Gelegenheit. Aber dafür müsste er in der Winterpause mindestens zu einem Bundesligaverein wechseln, der noch drin steckt, im nationalen Pokalwettbewerb.
Beim vergangenen Auswärtsspiel in Bochum kamen gerade einmal 18.000 ins Ruhrstadion, um die Hertha zu sehen. Und das lag auch daran, dass der Berliner Club nicht nur bundesweit zu den am wenigsten geschätzten gehört, sondern auch von den eigenen Fans, denen ihre Mannschaft nur in wenigen Fällen eine Reise wert ist.
Außerdem hat die Hertha eben nicht so viele Anhänger, wie sich das für einen europäischen Hauptstadtclub gehört. Hertha zieht nicht. Taugt nicht einmal als Touristenattraktion wie Real Madrid, AS Roma oder Arsenal London.
Einzig als Architekturdenkmal besitzt das Stadion eine gewisse Anziehungskraft für internationale Besucher.

Ob sich das nun bald ändert? Schließlich geht doch “der Umbruch allmählich in den Aufbruch über”(Manager Dieter Hoeneß), und auch der sonst wenig überschwängliche “Tagesspiegel” sieht bereits einen “rasanten Aufstieg” bei Hertha BSC. Glaubt man den Spielern, etwa dem Brasilianer Cicero, dann liegt die Ursache dafür vor allem an der “guten Stimmung innerhalb der Mannschaft”. Das ist toll für die Spieler. Noch schöner für den Fußballstandort Berlin wäre es allerdings, wenn sie diese Stimmung auch auf die Ränge übertragen könnte. Dazu müssten aber am Freitagabend endlich mal ordentlich viel mehr als 40.000 Menschen den Weg ins große Olympiastadion der Hertha finden. So wie sich das für eine Spitzenmannschaft aus einer europäischen Hauptstadt gehört. Schafft sie es nicht, wird es Zeit, dass sie den Tabellenplatz, der für einen Teilnehmer am Uefa-Cup reserviert ist, räumt. Denn hinter der Hertha warten unter anderem der HSV, Borussia Dortmund und Schalke 04. Clubs, deren Stadien zu mehr taugen als zum Architekturdenkmal.

Kommentare

2 Kommentare zu “Berlin: Füllt endlich das Architekturdenkmal!”

  1. maz hess am 11.25.08 12:30

    Der Artikel ist bemüht und bemühend lustig.

  2. Eishockeyliga KHL: In Russland zählt nur der Superlativ : SportsWire am 02.16.09 00:02

    […] über die Hintergründe der Eishockeyliga KHL. SportsWire sprach mit Sundermeyer, der auch gelegentlich für uns als Autor schreibt, über seine Recherche-Ergebnisse, den Sportenthusiasmus der neuen russischen Eliten, Sponsoren wie […]

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