Befreit Free Fight!

von Martin Krauss

Am Samstagabend findet in Köln “erstmals”, wie oft zu lesen ist, in Deutschland ein Freefight-Event statt. Erstmals trägt die amerikanische Firma UFC ein solches Event aus, aber den Sport gibt es schon seit über zehn Jahren. Gleichwohl wird gewarnt, was das Zeug hält. In der taz vom Samstag, 13. Juni, findet eine Pro-und-Contra-Debatte dazu statt. Hier mein Beitrag. Die Gegenmeinung bitte in der taz nachlesen!

Man kann „Mixed Martial Arts“ (MMA) ruhig als eine aus verschiedenen Sportarten zusammengesetzte Kampfkunst übersetzen. Das klingt harmlos und hat so rein gar nichts mit der erregten Debatte zu tun, der dieser recht junge Sport, der manchmal auch als Ultimate Free Fight bezeichnet wird, gegenwärtig in Deutschland ausgesetzt ist.

Am Samstag lässt das amerikanische Unternehmen UFC in der Kölner Lanxess-Arena sein erstes großes kontinentaleuropäisches MMA-Event steigen. Prompt, beinah pawlowsch gibt es Verbotsforderungen. Hier werde „der Tod von Menschen billigend in Kauf genommen“, sagt ein Kölner FDP-Lokalpolitiker, das Fachblatt „Playboy“ hat einen „blutigen Kampf um Sein und Nichtsein“ beobachtet, und der Kabarettist Werner Schneyder will in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ dem Veranstalter Marek Lieberberg, einem Sohn jüdischer Holocaust-Überlebender, „sofort den Gewerbeschein entziehen“.

Was die Kritiker eint, ist die Behauptung, durch MMA käme es zu einer Brutalisierung der Gesellschaft.

Oh, what a Befund! Schuld ist die Wirkung! Die Ursache kann’s nicht sein, die hat nämlich ein Alibi – sie war zur  Tatzeit mit uns zusammen! Die Binsenweisheit, dass soziale Phänomene wie MMA nur unter bestimmten sozialen Bedingungen groß werden, unter Hartz-IV und Wirschaftskrise, unter Arbeitslosigkeit und Zukunftsangst, wird hierzulande nicht akzeptiert. Nein, in Deutschland will man Wirkungen verbieten, damit sich deren Ursachen von alleine auflösen.

Entsprechend kenntnislos sind die Gerüchte, die über MMA kolportiert werden: Ohne Regeln ginge es da zu, Nazis und Deppen prügelten sich die Köppe ein. Dabei stimmt nichts davon: Das Regelwerk der UFC wie auch der deutschen Free Fight Association (FFA) sieht strenge Schutzbestimmungen und den Einsatz von Ringärzten vor. Und die soziale Zusammensetzung der etwa 400 Wettkämpfer in Deutschland ist breit gestreut: Akademiker, Hartz-IV-Empfänger, Antifas, IT-Experten, Rechtsextreme.

MMA ist kein schöner Sport, das behauptet auch niemand. Aber es ist ein Sport. Und zum Programm der Olympischen Spiele gehörte er übrigens auch schon: bis zum 6. Jahrhundert unter dem Namen Pankration.

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