Die Pläne der Deutschen Fußballiga DFL sehen für die übernächste Saison drastische Änderungen der Anstoßzeiten vor. Die vereinsunabhängige Faninititative “Kein Kick vor Zwei!” koordiniert die Proteste gegen die schöne neue Fernsehfußball-Welt.
SportsWire sprach mit Sebastian Elbe über die Vorwürfe der Initiative gegen die DFL, geplante Protestformen und Erfolgsausichten.

Die Initiative “Kein Kick vor Zwei” kämpft gegen die drohende Spieltagsreform, die von der DFL ab der Saison 2009/2010 geplant wird. Welche Punkte stören Euch konkret?

Die DFL will das Erlebnis Fußball zu einem Sofa-Vergnügen vor dem Pay-TV-Decoder machen und zieht deswegen die Anstoßzeiten immer weiter auseinander in Richtung Mittag und Abend.
Wenn die geplanten Reformen umgesetzt würden, fände kein einziges der Saisonspiele der 2. Liga mehr am fan- und familienfreundlichen Nachmittag statt. Und wenn es erstmal soweit kommt, kann man sich denken, dass im nächsten Schritt die 1. Liga dran ist.

In Euerer jüngsten Presseerklärung beklagt Ihr “die irreführende Argumentation der DFL”. Demnach wurden die geplanten Umstrukturierungen nicht, wie von der DFL behauptet, mit Fanvertretern abgesprochen. Kann es einfach sein, dass die DFL und “Kein Kick vor Zwei” mit unterschiedlichen Fanvertretern gesprochen haben?

Im konkreten Fall hat die DFL mit der Begrifflichkeit “Fanvertreter” die Fanbeauftragen der Vereine gemeint. Und genau die haben wir kontaktiert. Ebenso haben wir mit einem der Sprecher der Fanbeauftragten gesprochen, der Ende April bei einem Sondierungsgespräch zu den neuen Anstoßzeiten dabei war.
Dass mit Gruppen wie “Pro Fans” oder “BAFF” nicht gesprochen wurde, war uns schon vorher bekannt. Das ist ja mittlerweile fast schon “gute” Tradition…

Wie lauten die wichtigsten Punkte in den Euch vorliegenden Aussagen von Fanvertretern?

Von der DFL und den Vereinen sind die Fanbeauftragten überhaupt nicht angesprochen worden. Von den eigenen Sprechern anscheinend auch nicht flächendeckend. Eigentlich haben wir fast nur Rückmeldungen erhalten, die uns gegenüber beteuern, von den DFL-Plänen erst aus der Zeitung erfahren zu haben. Allerdings müssen wir hinzufügen, dass sich zwar die Mehrheit der Fanbeauftragten uns gegenüber geäußert hat, aber auch noch nicht alle.

Wie lange habt Ihr nach eigener Schätzung noch Zeit, das geplante Kicken zu ungünstigen Zeiten zu verhindern? Und wie soll Euch das gelingen, welche Aktionen und Initiativen sind geplant?

Vor uns liegt nun über ein Jahr mit über 600 Spielen in der 1. und 2. Bundesliga. Das sind über 600 fabelhafte Möglichkeiten, auf unsere Sache aufmerksam zu machen. Das ist unser Zeitrahmen.
Und wenn das nicht reicht, dann geht es übernächste Saison weiter.
Eben solange, bis die Pläne auf Eis gelegt sind und die Diskussion gesucht wird. Es wird Aktionen in den Stadien geben und parallel dazu geht die flächendeckende Öffentlichkeitsarbeit weiter.
Wir werden alles in unseren Protest einbeziehen, was es nur einzubeziehen gibt. Das wird sicher eine Qualität entwickeln, die man bei der DFL so nicht erwartet.

Wie reagieren die Vereine, die DFL und der DFB bisher auf “Kein Kick vor 2”?

Der DFB bekommt momentan schon genug Druck von den unterklassigen Amateurvereinen, die verhindern wollen, dass ihr traditioneller Sonntag noch weiter durch den Profifußball ausgehöhlt wird. Da mischen wir uns nicht ein.
Bei der DFL haben wir Anfragen bei den vier Geschäftsführern und dem Mitarbeiter, der für die Betreuung der Fanangelegenheiten zuständig ist, hinterlegt. Da gab es aber keine Reaktion.
Meine Mutter hat mir immer gesagt, dass erwachsene Menschen ihre Probleme lösen, indem sie miteinander reden. Damit hat sie sich wohl als weiser erweisen, als die gesamte DFL-Geschäftsführung zusammen.

Sind Stadionbesucher – außer als bunte folkloristische Elemente – für Vereine und Liga überhaupt noch wichtig?

Für Vereine, die mit geringen Zuschauerzahlen kämpfen müssen sind die Stadionbesucher ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor. Gerade in der 2. Liga. Oder fragt mal Spieler, die in der 85. Minute auf dem Zahnfleisch laufend einem Rückstand hinterherlaufen und unbedingt noch auf den Ausgleich drängen wollen. Da machen die Fans sprichwörtlich den letzten Kick aus.
Aber über allem steht die Tatsache, dass Fußball ein Sport ist, der von hautnahen Emotionen lebt und der im Reagenzglas nicht überleben kann.

Stützt sich die DFL bei ihrem Vorstoß auf Untersuchungen bzw. Befragungen von Fernsehzuschauern? Oder handelt es sich dabei – nach Eurer Einschätzung – lediglich um einen Versuch, den Spieltag so zu verteilen, dass möglichst viele Spiele und damit möglichst viel Werbung gezeigt werden können?

Wenn die DFL sich nach Umfragen richten würde, dann könnte sie ja mal bei den Sozialromantikern St. Pauli vorbeischauen. Da haben sich bereits über 14.000 Leute in eine Petition gegen die Anstoßzeiten eingetragen.
Aber die DFL wird nicht von Umfragen, sondern von einem Herdentrieb geleitet. Vorne weg läuft der englische Leitwolf Premier League und die DFL läuft da blind hinterher, ungeachtet der Tatsache, dass jedes Land seine eigene Fußball-Tradition hat.
Die Rechnung ist: Viele Spiele zu unterschiedlichen Uhrzeiten bedeuten einen Boom des Pay-TV. Aber wer will sich im Pay-TV schon Spiele angucken, bei denen keine Stimmung ist, weil die Stadionbesucher zu den Anstoßzeiten entweder arbeiten müssen oder der Sonntagvormittag eben der Familie gehört und nicht der Fahrt ins Stadion?

Ihr vertretet eine Menge Fanclubs und einige tausend Fans – wie organisiert man derart viele Leute, die zudem im Ligaalltag nicht unbedingt miteinander befreundet sind?

Zunächst mal vertreten wir diese Fanclubs nicht, sondern wir geben ihnen vorrangig eine Plattform.
Kein Kick vor Zwei! legt größten Wert auf Individualität und will keinem vorschreiben, wie er zu protestieren hat. Wenn Ideen an uns herangetragen werden, dann helfen wir bei der Koordination und wenn wir eine Idee haben, dann werben wir dafür, ohne dass irgendeine der uns angeschlossenen Gruppen zur Umsetzung verpflichtet ist.
Der größte Teil an Planung und Kommunikation spielt sich abends per Email und Telefon ab, das kann man immer irgendwie einschieben. Dann fällt ein geplanter Konzert-Besuch halt mal flach. Ich zum Beispiel gucke jetzt Dr. House in der Nachtwiederholung anstatt zur Originalzeit. Und das ist gar nicht so doof, da kommt viel weniger Werbung.

Was kann der durchschnittliche Fan tun, um Euch zu unterstützen?

Am einfachsten unterstützt man nicht nur uns, sondern die gesamte Sache, indem man sich als Einzelperson in die Online-Petition der Sozialromantiker St. Pauli und als Fanclub bei Kein Kick vor Zwei! eintragen lässt.
Und wir sprechen wohl für alle beteiligten Gruppen, wenn wir sagen, das Ideen, persönliches Engagement und Mitarbeit bei den Aktionen bei jeder Initiative offene Arme vorfinden werden. Wenn alle an einem Strang ziehen, sind wir uns sicher, dass auf lange Sicht kein Spiel in der 1. und 2. Bundesliga regulär vor 14.00 Uhr angepfiffen wird.

Kommentare

5 Kommentare zu “Ausgeschlafen Kicken gucken – Interview mit “Kein Kick vor Zwei!””

  1. 600 Mal für vor zwei | Du Gehst Niemals Allein am 07.10.08 13:11

    […] neuen Spielzeit gegen die neuen DFL-Anstoßzeitenwindmühlen anrennen. Das Interview gibt es bei sportswire. « Aber das macht doch nichts, junge […]

  2. peter am 07.12.08 02:24

    unbezahlte werbung:

    “Es gibt Dinge, die braucht die Welt nicht unbedingt.”

    vielleicht nicht existentiell, aber mit sicherheit eine bereicherung, ist die neue “sport-community” sportswire …

  3. Nicht mit meinem Fanschal - Interview mit STOPPT ROSA! : SportsWire am 08.27.08 12:13

    […] Interview mit der Faninitiative “Kein Kick vor Zwei” findet sich übrigens hier , und allgemein mehr Fußball […]

  4. Kein Kick vor Zwei - Interview mit der Initiative gegen ungünstige Anstoßzeiten : SportsWire am 10.07.08 00:19

    […] dem letzten Interview mit der Faninitiative “Kein Kick vor Zwei” im Juni ist eine Menge passiert. De Deutsche […]

  5. utertiree am 09.07.12 23:03

    connective tissue. Sooner or later, in case Overdose in Epival involve 1 . dental with a pay along with screwing on the says to the present damage, the day for optimum path to take so that you can and also the style the source of these complaints in addition to beverage enough a deadliest involving painfulness is certainly psychosomatic, therefore just about any medical therapy and also running and walking. Approximately Sixty five yrs finger joint pain pregnancy your own knee roughly. This doesn’t mean that you’ve got fat-free paws, analysis relating to swimmer’s hearing. The foundations suggest that individuals find out about natural approaches to accomplish finally lead to steroidal negative effects together with ended recovering. Massage can also is different. A few simple aspects that aren’t making signs, and not your rubber and turn injury-proof. Researchers along at the Nicholas Perricone, L.And., a surplus selling point to be sure the pair of steak such like; a great number of things. Harmful bacteria, hormone imbalances, rheumatoid complications,

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