Auch wenn Schiedsrichter meist mit Fußball assoziiert werden, kommen auch die anderen Sportarten nicht ohne Unparteiische aus. Zum Beispiel Handball.
Stefan Weber ist Handball-Schiedsrichter, SportsWire sprach mit dem 31-Jährigen von der SG Plön über das Pfeifen in einer ganz besonders robusten Sportart, über Sieben-Meter, hautnahen Kontakt zum Zuschauer und die Auswirkungen des Wintermärchens.
Teil 1 des Interviews: Wie alles anfing…


Wie wird man eigentlich Handball-Schiedsrichter?

Man besucht einen SR-Anwärter-Lehrgang und besteht an dessen Ende sowohl die theoretische (wer sich für Beispielfragen interessiert, findet solche Tests z.B. unter http://www.schieris.de/Regeltest/) als auch die praktische Prüfung.
Das ist wohl das einzige, was sich da verbandsübergreifend sagen lässt.
Die Beweggründe, zum Schiedsrichter zu werden, sind sehr vielfältig – ich selbst hatte, als ich 1996 den Lehrgang gemacht habe, schon gut 10 Jahre selbst Handball gespielt, es gibt aber auch Leute, die sich dazu entscheiden, ohne jemals selbst gespielt zu haben.

Handball ist ein sehr körperbetontes Spiel, in dem die Akteure häufig, nennen wir es: robust zur Sache gehen. Ist es da anfangs nicht ganz besonders schwierig, zwischen einer verbotenen und einer gerade noch erlaubten Aktion zu unterscheiden?

Aus meiner ganz persönlichen Sicht: ich hatte damit kaum Probleme, denn erstens ist man das ja auch als Spieler gewöhnt, und zweitens weiß man als Spieler eben auch, dass sehr viele Entscheidungen eben nicht ganz klar sind, sondern Auslegungssache. Wichtig ist da für einen Schiedsrichter, eine klare Linie zu haben.

Was ist anstrengender: Selber spielen oder pfeifen?

Das ist schwer vergleichbar, die Belastung ist einfach sehr unterschiedlich. Als Spieler hat man allerdings den unschätzbaren Vorteil, bei Bedarf – sei es Ermüdung, sei es, dass man bemerkt, dass einfach nix klappt – auf die Bank gehen zu können.
Als Schiedsrichter muss man dagegen durchhalten…

Beim Wort Schiedsrichter denkt die überwiegende Mehrheit der Sportfans automatisch an Fußball. Was unterscheidet Deiner Meinung nach den Referee beim Kicken von dem beim Handball?

Der Schiedsrichter beim Fußball wird mehr und heftiger beschimpft 😉
Ernsthaft, das kann ich sehr schwer beurteilen – Fußball-SR kenn ich nur aus dem Stadion oder vom TV (also tendenziell als den Trottel, der meiner Mannschaft mal wieder nen soooo klaren Elfer nicht gegeben hat…), nichtmal aus der Perspektive als aktiver Spieler, während ich beim Handball vom Spieler über den Fan und den Trainer bis hin zum Schiedsrichter selbst schon alles erlebt habe – ein Vergleich wäre da sicherlich nicht sinnvoll.

Bist Du manchmal neidisch auf die Kollegen von der anderen Ballsportart gewesen, vielleicht, weil deren Aktionen sehr viel mehr öffentlich gewürdigt (und kritisiert) werden oder weil sie über eine viel bessere Infrastruktur verfügen können?

Siehe oben – keine Ahnung, ich weiß nicht, ob die Jungs beim Fußball eine bessere Infrastruktur o.ä. haben. Das mag vielleicht in der Leistungsspitze so sein, mit der habe ich aber ja auch beim Handball nur von der Tribüne der Ostseehalle aus zu tun… 😉

Was magst Du besonders am Handball?

In drei Worten: Geschwindigkeit, Härte, Fairness

Was war das schwierigste Spiel, das Du je geleitet hast?

Schwer zu sagen.
Am meisten in Erinnerung geblieben ist mir das erste Männer-Spiel, das ich geleitet habe (man fängt üblicherweise im Jugendbereich an, so auch ich).
Es war Ende meiner ersten Saison als SR, und als ich meine Ansetzungskarten bekommen habe, hab ich mich erstmal gefreut, hey, endlich mal ein Erwachsenenspiel.
War halt Kreisliga B, ganz klassisch Betonliga, die dritte gegen die fünfte von zwei großen Vereinen aus der Gegend. Also nix besonderes soweit…
Als ich dann an der Halle angekommen bin, sind mir als erstes die Plakate aufgefallen, auf denen stand “Unterstützt unsere Dritte im Endspiel um die Meisterschaft gegen XYZ 5”, in der Halle konnte man kaum sein eigenes Wort verstehen, weil die Tribüne voll war und auch der ein oder andere Trommler den Weg in die Halle gefunden hatte…
Da hab ich erstmal den Ansetzer verflucht, da spielen zwei Mannschaften um die Meisterschaft, bei denen kein Spieler weniger als 20-30 Jahre Handballerfahrung hat, und er schickt mich Grünschnabel…
Na gut, aber hilft ja nix, und im Endeffekt hat das Spiel auch sehr viel Spaß gemacht, und ich hab meine Sache wohl auch ganz gut gemacht, der Meinung waren jedenfalls beide Mannschaften nach dem Spiel.
Trotzdem war das eine sehr.. naja, sagen wir fordernde Situation.

Besonders bei unter Umständen spielentscheidenden Entscheidungen, also einem 7-Meter-Pfiff oder einer Hinausstellung, reagieren Spieler naturgemäß verärgert. Wie geht man damit um, wenn die Wut einer ganzen Mannschaft plus die der Zuschauer einen trifft?

Sehr unterschiedlich. Die Zuschauer sind mir völlig egal, die können schreien, wie sie wollen. Spieler allerdings müssen eine gewisse Disziplin zeigen – ich hab viel Verständnis dafür, wenn ein Spieler sich (auch sichtbar und deutlich) ärgert, oder mir in akzeptablem Ton zu verstehen gibt, dass er völlig anderer Meinung ist.
Das muss aber in engen Grenzen bleiben, sonst bekommt der Spieler eben zwei Minuten Zeit, auf der Bank darüber nachzudenken.
Das kommt aber relativ selten vor, die meisten Spieler können sehr gut einschätzen, wieviel Freiheiten sie in dieser Hinsicht bei einem Schiedsrichter haben.

Beim Handball gibt es keine Barrieren zwischen Tribünen und Spielfeld, macht einen das als Schiedsrichter manches Mal unsicher oder ängstlich?

Ich persönlich habe noch keine Situation erlebt, in der ich Angst gehabt hätte.

Teil zwei: www.sportswire.de/2008/11/interview-mit-einem-handball-schiedsrichter-teil-2-worst-case-und-positive-reaktionen

Kommentare

2 Kommentare zu “Auch im Handball gibt es Schiedsrichter – Interview mit einem Handball-Referee”

  1. Elias am 11.10.08 23:31

    Bilbo? Interessant,wo man dich findet 🙂
    Gutes Interview!
    @SportsWire: Die Mischung gefällt, liest sich alles sehr gut

  2. Interview mit einem Handball-Schiedsrichter, Teil 2: Worst Case und positive Reaktionen : SportsWire am 11.11.08 23:55

    […] Teil 1 des Interviews gibt es hier […]

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