Teil 3 und Schluss eines Interviews mit Sprechern der Fanorganisationen „Bündnis Aktiver Fußball-Fans” (BAFF), „Pro Fans” und „Kein Kick vor Zwei” für die Wochenzeitung Jungle World.

Fußballfans befinden sich in einem Dilemma: Auf der einen Seite brauchen ihre Lieblingsclubs die Einnahmen aus der TV-Vermarktung, auf der anderen Seite führt die Abhängigkeit von den TV-Geldern dazu, dass immer mehr Fans vom Stadionbesuch ausgeschlossen werden. Die DFL stellt sich auf den Standpunkt, dass fanfreundliche Anstoßzeiten zu schlechteren Vermarktungsmöglichkeiten führen würden, was die Einnahmen der Clubs wiederum sinken lasse. Wie gehen die Fans mit diesem Dilemma um?

Mathias Radowski (BAFF): Beide Seiten sind voneinander abhängig. Ohne Fans im Stadion lässt sich auch der Fußball schlecht vermarkten. Soweit denken aber viele Clubs leider noch nicht. Es scheint nur der kurzfristige finanzielle Gewinn zu zählen, was aber ein Eigentor werden kann. Der Fußball lebt nun mal von Emotionen, und Emotionen und VIP-Logen passen schlechter zusammen als Löw und Kuranyi. Die Fans wollen Erfolg, aber nicht zu jedem Preis. England sollte allen Verantwortlichen hier eine Warnung sein. Wir als Fans akzeptieren natürlich Sponsoren und auch das Pay-TV, dieses aber nur als Zusatzangebot. Wenn es am Pay-TV liegt, dass der Stadionbesuch nicht möglich ist, ist für die Fans das Ende der Fahnenstange erreicht.

Philipp Markhardt (Pro Fans): Man muss sich sicher eingestehen, dass die Stadionbesucher nur noch für einen geringen Teil der Einnahmen der Clubs sorgen. Aber weniger Fans bedeutet weniger Stimmung, was den Fußball uninteressanter macht. Das wiederum geht auf Kosten derjenigen Zuschauer, die wegen des Events da sind. Das wird oft verdrängt. Ein gewisses Gleichgewicht sollte einfach gewährleistet sein. Und dazu gehört auch, dass die, die für die Atmosphäre rund um das Spiel verantwortlich sind – nämlich die Fans -, nicht auf der Strecke bleiben.

Sebastian Elbe (Kein Kick vor Zwei): Es stellt sich die Frage, wie weit die Geldspirale noch voran getrieben werden soll. Das von der DFL gern genannte falsche Vorbild, die Premier League, ist mit fast vier Milliarden Euro verschuldet und kann sich nur noch über externe Investoren retten, die wiederum die Preisschraube anziehen. Im amerikanischen Football, Basketball und Eishockey gibt es schon seit Jahren Gehaltsobergrenzen. Das muss bei der Weltsportart Nummer eins, dem Fußball, auch so kommen. Es ist also ein Fehler, Druck nach unten, auf die Fans, und nicht nach oben, auf die Funktionäre, auszuüben. Wir wollen diesen Druck auf seinem Weg nach unten aufhalten und umkehren.

Zum ersten Teil des Interviews geht es hier, zum zweiten Teil hier. Das vollständige Interview ist am 13. November 2008 in der Wochenzeitung Jungle World erschienen.

Kommentare

2 Kommentare zu “Anstößiges aus dem Spektakel (3)”

  1. Sauzwerg am 11.17.08 14:33

    “[…]Auf der einen Seite brauchen ihre Lieblingsclubs die Einnahmen aus der TV-Vermarktung[…]”

    Profifußballteams brauchen Geld zur Deckung der Kosten und zum Bezahlen der Gehälter, richtig.

    Evtl. brauchen sie deshalb das Geld aus der TV-Vermarktung, aber warum brauchen sie noch mehr Geld aus der TV-Vermarktung oder dem Verkauf von grösseren Teilen des Vereins als 50-1?

    Es bleibt Fußball, auch wenn die Bundesliga finanziell nicht mehr mit der oligarchisch organisierten Premier League konkurrieren kann.
    Auch in der 2.Liga ist es Fußball und auch in der 3.Liga, es gibt guten und schönen und leidenschaftlichen Fußball ganz ohne fanfeindliche bescheuerte Anstosszeiten.

    Die Forderung nach mehr Geld ist zum Selbstzweck geworden, gedankenlos und unzählig oft widerholt wird sie nicht richtiger.

    Ich ziehe einen bezahlbaren Stehplatz im Stadion einer Champions League Teilnahme vor.
    Ich ziehe sinnvolle Anstosszeiten einem Showprogramm vor.
    Ich ziehe einen Spieler mit Einsatz und Leidenschaft einer prominenten Multimillionenverpflichtung vor.

    Entschuldigung, ich wollte lediglich diesen Halbsatz relativieren, denn er wird von manchem böswillig falsch interpretiert:
    “Auf der einen Seite brauchen ihre Lieblingsclubs die Einnahmen aus der TV-Vermarktung[…]”

  2. newskick.de am 11.17.08 15:12

    Anstößiges aus dem Spektakel (3)…

    Teil 3 und Schluss eines Interviews mit Sprechern der Fanorganisationen „Bündnis Aktiver Fußball-Fans” (BAFF), „Pro Fans” und „Kein Kick vor Zwei” für die Wochenzeitung Jungle World….

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