Der 39-jährige Torsten Friedrich steht in dieser Saison im Tor der 2. Mannschaft der HSG Ahlen-Hamm, für die Friedrich auch als Jugendkoordinator tätig ist. Und als sei das alles noch nicht genug, ist der Mann, den alle nur „Fichte” nennen, seit Saisonbeginn nun auch Fan-Beaufrager der HSG und somit das integrative Moment für die einst rivalisierenden Anhänger beider Klubs. Wenn am Freitagabend der THW Kiel zum Ligaspiel in Hamm antritt, hat Torsten Friedrich noch ein weiteres Problem: Bei einem Fassungsvermögen von 2.000 Besuchern müssen viele Fans der HSG draußen bleiben. Zum Interview geht es hier…

Es heißt, für das Spiel gegen den THW Kiel hätte die HSG ganz locker auch 10.000 Tickets verkaufen können. War die Kartennachfrage für dieses Match tatsächlich so gewaltig?
Friedrich: Das lässt sich schwer sagen. Wir hatten ganz sicher aber 5.000 bis 6.000 Anfragen. Nachdem aber klar war, dass das Match ausverkauft ist, und das ja hier in allen Medien publiziert wurde, haben sich viele Interessierte möglicherweise erst gar nicht mehr gemeldet. Die Zahl ist aber nur eine grobe Schätzung.

Die Zahl war jedenfalls so gewaltig, dass sich die Verantwortlichen der HSG dazu entschlossen, das Match gegen den HSV Hamburg, für das ein ähnlicher Ticketrun zu erwarten sein wird, in die Dortmunder Westfalenhalle zu verlegen.
Friedrich: Das hatten wir ursprünglich überhaupt nicht vor. Wir wollten alle unsere Heimspiele in Hamm austragen. Aber weil so viele Fans das Match gegen Kiel live sehen wollten und nun außen vor bleiben müssen, haben wir nachgedacht und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir allen unseren Anhängern die Möglichkeit geben möchten, die Spiele gegen die Top-Gegner in der Halle zu erleben.

Die HSG scheint ja eine ungeahnte Akzeptanz zu erfahren, wenn Ende Dezember statt der 2.000 Besucher in Hamm möglicherweise 10.000 in Dortmund kommen werden.

Friedrich: Das Interesse an der Bundesliga ist riesig. Alle wollen Erstligahandball sehen. Nach so vielen Jahren in der 2. Liga – das gilt für Ahlen genau so wie für Hamm – sind hier alle neugierig auf mehr. Wir sind bei nahezu jedem Spiel ausverkauft. Aber das haben wir uns ja auch so gewünscht. Zudem sind wir hier im östlichen Ruhrgebiet in einer traditionellen Hochburg, wo in den 70er und 80er Jahren der Handball einen sehr hohen Stellenwert hatte.

Als Fanbeauftragter der Spielgemeinschaft müsste Sie das doch unheimlich freuen…
Friedrich: Das tut es. Wir versuchen aber auch einiges. Es gab ja bereits zwei Hammer Fanclubs in der Zeit, als Ahlen und Hamm noch gegeneinander in der 2. Liga antraten.

Die Spielgemeinschaft ist ja noch recht neu. Gibt es da eigentlich schon eine homogene Fangemeinde?
Friedrich: Anfangs gab es schon diverse Ressentiments. Aber das wird immer weniger. Allein: Das kann ja gar nicht sofort funktionieren, wenn man an die hitzigen Derbys der Vergangenheit denkt. Die Rivalität gab es zwischen den Fans genauso wie unter den Spielern. Das war schon immer ein bisschen wie Schalke gegen Dortmund. Insofern gab es anfangs schon ein wenig Probleme unter den Fans. Aber wir bekommen das immer besser unter einen Hut. Wenn die HSG erst einmal spielt, dann stehen alle gemeinsam hinter der Mannschaft.

Das heißt: Aus alten Rivalen sind – na ja, nicht neue Freunde – aber gute Bekannte geworden.
Friedrich: Das darf man so sagen. Wir sind da auf einem guten Weg. Wir haben viele Fans aus Ahlen, viele Fans aus Hamm und sicher auch noch einige neue Freunde hinzugewinnen können. Und das die Spiele in Hamm und nicht in Ahlen stattfinden, liegt daran, dass die neue Halle nun mal in Hamm steht. Das hätte sonst auch genau andersherum sein können.

Wie sind Sie eigentlich Fan-Beauftragter für Ahlen-Hamm geworden?
Friedrich: Das entwickelte sich nahezu von allein. Ich habe schon im vergangenen Jahr beim ASV Hamm mitgearbeitet und bin als Jugendkoordinator – das bin ich ja auch noch – und als Spieler in beiden Vereinen und in beiden Hallen präsent. Insofern sehe ich mich als Bindeglied zwischen den beiden Partnern der Spielgemeinschaft und lebe das auch mit den Fans.

Als Keeper der zweiten Mannschaft steht jetzt vielleicht sogar ein Einsatz am Freitagabend zur Diskussion.
Friedrich: Das darf ich ja gar nicht. Hamm hat die Lizenz für die 1. Liga, Ahlen die für die 3. Liga. Insofern sind das zwei unterschiedliche Klubs. Das ist für mich halt ein wenig ärgerlich, sonst würde ich natürlich gern gegen Kiel aushelfen.

Was trauen Sie Ihren Kollegen am Freitagabend denn zu?
Friedrich: Es wäre sicher grenzenlos vermessen zu sagen, dass wir das Spiel gewinnen werden. Immerhin treten wir gegen den Deutschen Meister und den Gewinner der Champions League an. Ich hoffe, dass wir das Spiel lange Zeit möglichst eng gestalten können. Das wäre für uns immens wichtig, um Selbstbewusstsein für den Abstiegskampf zu tanken. Zudem habe ich schon erlebt, dass am Ende einer Saison Entscheidungen an nur wenigen Toren hingen. Die Berliner Füchse scheiterten in der vergangenen Saison nur aufgrund eines Tores an der Europacup-Qualifikation

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