Fußballregeln sind eine einfache und doch konsequent durch den gemeinen Fan missverstandene Sache. Wenn der blinde Typ mit der Pfeife zur Arschkarte greift, fängt der Unglaube manchmal erst beim Nachfolgenden an.

Es gibt Szenen im Fußball, bei denen weiß der geneigte Seher sofort, dass er sie immer wieder in Saisonrückblicken wird bestaunen können. Egal ob auf der DVD-Sammlung oder im Deutschen Sparten Fernsehen. Aktionen, die zur Legende des Spielers beitragen und noch Jahre später besungen werden.

Es läuft die 82. Minute im Spiel VFL Wolfsburg gegen Hannover 96. Volkswagen mit der eindeutig teureren Mannschaft als Hörgeräte Kind hat nach dem Rückstand umgehend ausgeglichen und führt inzwischen 2:1.

Edin Dzeko, ein Mann wie ein Baum, der aussieht als könne er im Falle eines Brandes Frau und Kind auf dem Rücken und den Plasma-TV in den Armen aus dem Haus tragen, dringt in den feindlichen Strafraum ein, und schießt den Ball an Florian Fromlowitz vorbei. Dieser streichelt ihn schüchtern am Bein und Dzeko, von so viel gleichgeschlechtlicher Zuneigung komplett verwirrt, geht zu Boden wie ein italienischer Prinz in einem deutschen Sommermärchen.

Der Schiedsrichter pfeift Elfmeter und zeigt Fromlowitz die rote Karte. Kann man sicherlich drüber diskutieren, aber wenn er eine Berührung gesehen hat und der Torwart nicht an den Ball kommen konnte ist das nur konsequent und nach den geltenden Regeln. Während Dzeko im Strafraum nach den Resten seiner männlichen Würde sucht und sich kurzerhand als Ersatz den Ball schnappt, ist die Konfusion bei 96 groß.

Bereits drei Mal gewechselt, es muss ein Feldspieler ins Tor. Jan Rosenthal setzt sich gegen den omnipotenten Fußballgott Jiri Stajner durch und stellt sich zwischen die Pfosten. Dzeko läuft an, ist jedoch von dem brutalen Foul noch so schwer verletzt, dass er keinen strammen Hammer aus dem Fuß rausbekommt, Rosenthal taucht ab und hält den Schuss.

Die 96er toben. Felix Magath vermutlich auch, aber aus anderen Gründen.

Jan Rosenthal ist der strahlende Held, der selbst die Niederlage überstrahlt. Er hat etwas sehr Seltenes erreicht und obwohl es am Ende keinen Punkt für die Roten gab, so hat er doch eine herausragende Leistung im Dienst der Mannschaft erbracht. Hat ihr etwas Gutes getan …

Findet der DFB jedoch nicht.

Dieser wird in der Folge zwei Spiele Sperre gegen Fromlowitz verhängen. Und nun kommt der eigentliche Gag: hätte Jan Die Katze Rosenthal den Ball nicht gehalten, dann hätte seine Mannschaft 3:1 statt 2:1 verloren und Fromlowitz wäre nur für ein Spiel gesperrt worden. Der DFB nennt das in seinem wunderbaren Bürokratiedeutsch: «Notbremse ohne anschließende direkte Torerzielung» gemäß § 8 Nr. 1. a) der Recht- und Verfahrensordnung. Dies ist eine Sperre von zwei Spielen nach sich, sogar wenn der Elfmeter nicht gehalten, sondern verschossen wird.

Diese Bildungslücke bei Fußballern muss unbedingt geschlossen werden. Sonst geht noch jemand bei einem Rückstand von 0:4 ins Tor und versucht idiotischerweise tatsächlich den Elfmeter zu halten. Oder zwei Spiele vor dem Meisterschaftsfinale im direkten Duell der Favoriten bei klarer Führung ist der Schütze so doof und schießt ins Tor statt vorbei.

Man darf den Spielern auf keinen Fall den Eindruck vermitteln, dass sie zu jeder Zeit auf dem Platz ihr Bestes geben sollen und dafür belohnt werden. Wie z. B. in den USA üblich muss die Aufklärung erfolgen, wann man lieber nicht sein Bestes gibt. Sonst läuft vielleicht tatsächlich eines Tages noch ein Fußballer in der Bundesliga auf, der noch diesen ominösen Sportsgeist in sich hat. Sowas ist sicherlich nicht im Sinne des DFBs.

Kommentare

1 Kommentar zu “Nach dem Pfiff: Der Flug der Zwanziger”

  1. blogring.org am 01.16.09 04:12

    Blogring für pfiff…

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