Als ich gestern im Auto nach Hause fuhr und mir über meine Abendgestaltung Gedanken machte, ahnte ich schon Schlimmes. Weil Marcel Reif sicher das Champions League-Finale kommentieren wird, darf bestimmt Fritz von Thurn und Taxis beim kleinen Finale um den UEFA-Cup zwischen Schachtar (Ukrainisch) oder Schachtjor (Russisch) Donezk und dem SV Werder Bremen vors Mikrofon… Ich erschauderte leicht, nur um einige Stunden später bestätigt zu werden. Thurn und Taxis war in Istanbul und er war in Höchstform.

Man hatte zum Beispiel das Gefühl, er wäre doch nicht am Bosporus, sondern kommentiere direkt aus dem Studio. So wenige Hintergrundinformationen hatte er zu berichten. Vor dem 1:0 von Donezk schwieg er minutenlang. Man hatte das Gefühl, er wäre eingeschlafen. Zum Glück weckte ihn der Brasilianer Luiz Adriano wieder auf und bemerkenswerterweise bereits einen Meter bevor der Ball die Torlinie überquerte meldete sich der Phrasendrescher mit einem trockenen „Tor“ zurück. In der Halbzeitpause stellte ihn dann Premiere-Experte Franz Beckenbauer, den man ja eigentlich nicht mehr hören kann, aber hier wohl oder übel unterstützen musste, bloß. Während von Thurn und Taxis immer davon sprach, dass Werder in der Abwehr besser stehen müsste, bescheinigte Beckenbauer den Bremern eine gute Leistung in der Defensive.

Sicher, ich hätte auch auf Sat.1 wechseln können. Doch Erich Laaser ist in meinen Augen besser beim Tennis aufgehoben und das Bild des Kabelsignals ist natürlich wesentlich schlechter, als das der digitalen Box. Zudem wäre mir dann auch einer der Thurn und Taxis’schen Höhepunkte gestern Abend entgangen. Den ukrainischen Abwehrspieler Dmytro Chygrynskyy verglich er mit dem Ex-Bundesligaprofi Michael Schulz; „wenn sie sich an den noch erinnern, liebe Zuschauer“. Allerdings nicht aufgrund der ähnlichen Spielweise sondern wegen seiner Haarpracht. Ganz so, als ob der Bayer in seinem Leben bisher keinen anderen Langhaarigen getroffen hätte.

Da fiel mir wieder die Fußball-WM 2006 ein. Das Spiel um Platz 3, also auch ein kleines Finale, kommentierte Thurn und Taxis damals ebenfalls. Im 11Freunde Hauptquartier LIDO, in Berlin-Kreuzberg hatte sich dazu eine größere Fangemeinde des zweiten Manns bei Premiere eingefunden, die die Phrasen des Reporters in Sprechchöre verwandelte und lauthals nachsang. „Er ist am Ende“, schallte es damals zum Beispiel durch den Saal.

Es hat ja wirklich keiner etwas dagegen, wenn Premiere den adeligen Reporter in der Samstags- oder Zweitligakonferenz einsetzt. Dafür muss man sich nicht so intensiv vorbereiten und auch nicht zu viel sprechen. Bei wichtigen Einzelspielen hätten die Abonnenten aber  durchaus einen der jüngeren Reporter verdient.

Und dann hat der SV Werder Bremen vielleicht auch ne Chance solch ein Spiel zu gewinnen. Nein, halt, das 1:2 n.V. geht nun wirklich nicht auf sein Konto.

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